: Wege aus der Gewalt lernen
■ Ausstellung "Echt kraß!" über Jugendgewalt in der Kreuzberger Hector-Peterson-Oberschule eröffnet. Sie soll Debatten im Unterricht anregen.
Das Thema Jugendgewalt ist seit Jahren in aller Politikermunde. Aber wenn die Lehrer an der Basis etwas tun, werden sie dafür mit Ignoranz bestraft. So geschehen mit der Ausstellung „Echt kraß! Gewalt in uns, Gewalt um uns, Gewalt“. Bilder und Ton-Dia-Schau wandern seit Januar 1995 durch die Schulen der Bezirke. Was der ehemalige Schulsenator Jürgen Klemann (CDU) nicht für nötig hielt, versucht seine Nachfolgerin Ingrid Stahmer (SPD) nun wieder gutzumachen. Nach Charlottenburg, Spandau, Hellersdorf und Hohenschönhausen ist die Ausstellung in der Kreuzberger Hector-Peterson- Oberschule angekommen, wo sie Senatorin Stahmer gestern persönlich eröffnete. Die mit 120.000 Mark aus Geldern des Programms „Jugend mit Zukunft“ finanzierte Ausstellung wurde von Lehrern und Schülern vor allem der Kreuzberger Carl-von-Ossietzky- und der Liebig-Oberschule in Neukölln entwickelt. Träger ist das Berliner Institut für Weiterbildung und Schulentwicklung (BIL). Zielgruppe sind vor allem 13- bis 16jährige Jugendliche.
Die Ausstellung ist in neun Schwerpunkte gegliedert. Bilder, Texte und Zitate bilden einen gewollten, harten Kontrast. Beschrieben wird die Erfahrungs- und Erlebniswelt der Jugendlichen, beginnend mit der inneren Befindlichkeit: jeder Mensch möchte wichtig sein, sich geborgen fühlen und sich entfalten können. „Als Skin biste nicht mehr Müller aus der 9. Klasse.“
Im Mittelteil geht es darum, wie Gewalt beginnt und erlernt wird, und es geht um Menschenbilder und Begegnungen. „Kann es sein, daß im Besitz eines Gewehres Furcht verborgen ist?“ (Mohandas K. Gandhi). Am Schluß wird es persönlich: „ ... und du und die Gewalt? Es gibt Wege aus der Gewalt ...“ – vorgestellt werden unter anderem Antigewalt- und Umweltprojekte von SchülerInnen.
Das Konzept ist so angelegt, daß Lehrer die Ausstellung mit ihren Schülern besuchen und die Themen im Unterricht aufarbeiten. „Das im Katalog mitgelieferte Arbeitsmaterial ist eine wahre Fundgrube“, erklärt Mitinitiator Gernot Jochheim. Ein Beispiel: Das Thema „andere Formen der Gewalt“ wie Anmache und sexuelle Belästigung wird in der Ausstellung mit verkehrten Rollen dargestellt. Ein Junge beschwert sich bei seiner Lehrerin: „Maria hat mir in den Po gekniffen.“ Die Arbeitsvorschläge reichen von Rollenspielen weiblicher und männlicher Verhaltensweisen über Song-Analysen bis hin zur Auswertungen von Zeitungsberichten zu dem Thema. Plutonia Plarre
„Echt kraß!“ bis Anfang November in der Hector-Peterson-Oberschule, Tempelhofer Ufer 1
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