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Das Betriebssystem Kunst

■ Wolfang Oppermanns Hommage an die „Malerei“ auf Kampnagel

“Schön, daß wir uns sehen“, begrüßt ein Schriftzug den Besucher und zeigt, daß der Künstler den Kunstbetrieb mit seiner Vernissagenseeligkeit bestens kennt. Solche verhaltene Ironie schwebt über der ganzen Ausstellung in KX auf Kampnagel. Ihr Titel ist hommage a la peinture, doch Malerei ist nicht zu sehen.

Dafür ist Wolfgang Oppermann, Jahrgang 1937 und Professor an der hiesigen Hochschule für bildende Künste, ein Meister von Drucktechniken, vor allem des Siebdrucks. In bis zu zwanzig Schichten druckt er in einer eigens erfundenen Methode mit besonderen Pigmenten seine „Bilder ohne Pinsel“ direkt auf die Leinwand. Manche Bildobjekte wirken dabei wie leicht gemalt, andere dagegen wie schwere Reliefs in asiatischer Lackmaltechnik.

Seit den 70er Jahren arbeitet Wolfgang Oppermann in reduzierten Zeichen über das Betriebssystem Kunst. Vermittelnd, umsetzend, kritisch, aber nicht bösartig formt er den Wortwust der Kunstforumsdiskussion zu Bildzeichen um. In der Reihe Die Ästhetische Dimension führt er die Codes der neuen Kunst vor: In vereinheitlichenden Papprahmen bildet er ein visuelles Gesamtvokabular zur Moderne, das die pathetische Überhöhung einer sich hermetisch gebenden Sprache des Kunstbetriebes aufbricht und decodiert.

In dieser Pictogramm-ähnlichen Metakunst treibt es Leda mit einem konstruktivistischen Schwan, trifft der Marsmensch auf Ikea und werden die „Sterne der Malerei“ zu abrufbaren Markenzeichen. Oft sind ihnen Texte beigegeben, mal trotz aller lateinischer Sinnspruch-Anmutung bloß druckübliche Blindtexte, mal als Bruchstücke von Paul Virilio-Zitaten zu erkennen: „Visuelle Peitsche, Leidenschaft des Blicks, Dressur der Augenreflexe, Sehmaschinen“. Dabei regt der erklärtermaßen sinnfreie Text eher zum Nachdenken an, als so mancherlei leichtverderbliche Neuwörter.

Wolfgang Oppermann ist aber auch bekannt für seine kinetischen und tönenden Installationen über das Künstlerdasein. So locken Klaviertöne und eine rhythmisch zuckende schwarze Topfblume zur großen Installation „Recht so!“. In ähnlicher Form erstmals 1992 in der Kunsthochschule gezeigt, präsentiert sie das Künstlerindividuum als Lehrkörper: hinter Gerhard Rühm am Flügel sind fünfzehn Professoren der bildenden Kunst in Stellung gegangen, eine nur im Abbild mögliche Kommune der Nonkonformisten.

Im Nebenraum sind Varianten des Themas gezeigt. Ein Porträt- Schrank der sechzehn Profs fordert wie ein Heiligenaltar der Nothelfer zu standesgemäßer Verehrung und mit Mangan in Ton gebrannte Fotos geben dem Künstlerleben Ewigkeit: Man muß solche kunstüblichen Begründungszusammenhänge erst ganz ernst vergegenständlichen, um ihre Absurdität deutlich zu machen. Hajo Schiff

KX auf Kampnagel Do-Sa 16-20 Uhr, bis 28. September

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