: Ein Herz für Rußland
■ Präsident Jelzin will sich am Herzen operieren lassen. Keine Angaben zur Art des Eingriffs
Moskau (taz) – Der russische Präsident Boris Jelzin unterzieht sich noch in diesem Monat einer Herzoperation. Das gab er gestern in einem Interview mit der Nachrichtenagentur RIA Novosti bekannt. Der Eingriff soll in Rußland vorgenommen werden. Damit machte der Präsident, der sich seit dem 26. Juni nur für kurze Augenblicke in der Öffentlichkeit gezeigt hatte, den gazettenfüllenden Spekulationen um seinen Gesundheitszustand ein jähes Ende. Jelzin hat sich nach eigenen Angaben zu der Operation entschlossen, nachdem seine Ärzte ihn vor die Alternative gestellt hatten, entweder nur noch „passiv zu arbeiten“ oder den operativen Eingriff vornehmen zu lassen. Da ihm Inaktivität nie gelegen habe, habe er sich schließlich entschieden, vollständig zu genesen. Dazu sei eine Operation unumgänglich, sagte der Präsident.
Jelzins Enthüllung ist keine Sensation. Allein im vergangenen Jahr erlitt der Präsident zwei Herzinfarkte, die ihn längere Zeit ans Bett fesselten. Im Juli 1995 verließ er seinen Arbeitsplatz für vier Wochen. Nach seiner Rückkehr in den Kreml wurde er bereits im Oktober erneut per Hubschrauber ins Krankenhaus überführt. Auch damals bestätigte der präsidiale Pressedienst zögernd eine neue Herzinsuffizienz. Im vergangenen Juli lancierte das amerikanische Magazin Time einen Bericht, wonach sich der Kreml nach geeigneten Operationsmöglichkeiten im Ausland erkundigte. Zunächst war von der Schweiz die Rede. Das Präsidialbüro hatte indes alle Spekulationen über eine bevorstehende Operation zurückgewiesen und begründete die Abwesenheit Jelzins mit einem dringenden Erholungsbedürfnis nach den Anstrengungen des Wahlkampfes.
Mit seiner Entscheidung, sich in Rußland operieren zu lassen, sprach er den heimischen Medizinern sein Vertrauen aus. Nicht zufällig äußerte er sich gerade darüber ausführlicher. Das kardiologische Zentrum in Moskau sei zu derartigen Eingriffen durchaus in der Lage. „Ich denke, es ist richtig, wenn sich der Präsident zu Hause operieren läßt, im Vaterland.“ Welche Art Herzoperation es sein wird, nannten weder Jelzin noch sein Pressesprecher. Gerüchte sprechen von eine Bypassoperation. Klaus-Helge Donath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen