■ Interview: Martin Hack: Politische Anpassung
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zieht vors Verwaltungsgericht: Er klagt gegen die Ende August vom Senat erlassenen Verordnungen, die die Öffnung der Alten Süderelbe naturschutzrechtlich absichern sollen. Die Öffnung des seit 30 Jahren stillgelegten Flusses ist als ökologische Ausgleichsmaßnahme für die Hafenerweiterung in Altenwerder geplant. Bisher aber war dies nicht möglich, weil die Verordnung für das Naturschutzgebiet (NSG) „Alte Süderelbe“ von 1989 jegliche Eingriffe in den Wasserhaushalt strengstens untersagte. Diesen Widerspruch sucht der Senat nun aufzulösen, indem er die alte NSG-Verordnung durch zwei neue ersetzt, den Namen des NSG ändert und die Herstellung eines tidebeeinflußten Gewässers künftig als Naturschutzziel zuläßt. Der BUND bestreitet, daß durch die Süderelb-Öffnung ein hochwertigeres NSG geschaffen werde: Für 60 Millionen Mark werde nur ein bereits bestehendes NSG in ein anderes umgewandelt. Von „Ausgleich“ könne keine Rede sein.
taz : Martin Hack, Sie vertreten den BUND vor Gericht. Wie wollen Sie denn den Senat seiner Gesetzestrickserei überführen?
Martin Hack: Nach dem Hamburger Naturschutzgesetz sind Naturschutzverbände zu beteiligen, wenn Verordnungen geändert werden. Ihnen muß Einblick in die Gutachten gewährt werden, mit denen die Änderung begründet wird. Das ist bei der Alten Süderelbe nicht geschehen. Wir vermuten, daß es den Behörden zu peinlich war, ihre unzureichenden Studien zu präsentieren. Das spielt aber bei der Klage keine Rolle: Sie zielt einzig darauf ab, festzustellen, daß die Beteiligungsrechte des BUND verletzt wurden...
...und dann ordnet das Gericht Akten-Einsichtnahme für den BUND an. Damit lösen Sie doch nicht das Problem, um das es geht: Die neuen Verordnungen rückgängig zu machen.
Das wünschen wir uns natürlich, aber das ist in Hamburg schwierig. Im Gegensatz zu Schleswig-Holstein oder Niedersachsen gibt es in Hamburg nicht die Möglichkeit, eine Naturschutz-Verordnung per Normenkontrollklage überprüfen zu lassen. Also hat man keine unmittelbare Möglichkeit, die Verordnungen anzugreifen.
Wie das?
Es liegt in der Zuständigkeit der Länder, Normenkontrollklagen zuzulassen oder nicht. Hamburg hat darauf verzichtet, weil die Inanspruchnahme von Rechtsschutz durch die Bürger wohl als störend empfunden wird.
Naturschutzverordnungen können danach beliebig dem politischem Ziel angepaßt werden?
Rechtlich ist das eigentlich nicht möglich, aber die fehlende gerichtliche Kontrolle erlaubt es faktisch, in rechtlich unzulässiger Weise bestehende Naturschutzverordnungen zu ändern.
Was bedeutet das für die bereits anhängige Klage gegen die Hafenerweiterung?
Die Stadt muß unabhängig von gesetzestechnischen Manövern beweisen, daß die Öffnung der Alten Süderelbe geeignet ist, den Eingriff in die Natur in Altenwerder zu ersetzen. Das ist bisher nicht geschehen. Das Oberverwaltungsgericht wird am 23. September entscheiden, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Fragen: Heike Haarhoff
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