piwik no script img

Die Margerite blüht noch nicht

■ Biolabel können die Kaufentscheidung erleichtern. Das EU-Logo ist allerdings noch kaum in den Geschäften zu finden

Keine Branche wirbt so eifrig mit Prädikaten wie „Bio“, „Öko“, „Natur“ und anderen Umweltattributen wie die Hersteller von Lebensmitteln. Nur logisch also, daß in diesem Bereich auch am heftigsten mit den diversen Begriffen Schindluder getrieben wird. Paradebeispiel: „Kontrollierter Anbau“. Die Formulierung klingt ausgesprochen öko, verschweigt aber natürlich, wer von wem hinsichtlich welcher Dinge kontrolliert wird. Deshalb ist sie ja auch so beliebt, zumindest bei den Produzenten. Die Konsumenten hingegen reagieren – aufgrund übler Erfahrung zu Recht – mißtrauisch.

Eine Erleichterung bei der ökologisch orientierten Kaufentscheidung liefert die bereits im Juli 1992 erlassene EU-Verordnung zum biologischen Landbau. Obwohl sie in Einzelfragen wie der artgerechten Tierhaltung, dem Ausschluß chemischer Schädlingsbekämpfungsmittel oder auch der Verwendung genmanipulierter Zutaten nicht alle Hintertüren schließt, sieht auch die „Arbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau“ (Agöl) in dem Regelwerk einen Fortschritt. Zum einen kommen die EU-Vorschriften den Richtlinien der Agöl-Mitgliedsverbände relativ nahe, vor allem aber bieten sie endlich eine handfeste juristische Handhabe gegen ökologischen Etikettenschwindel.

Wer nämlich mit dem Begriff „ökologischer Landbau“, aber beispielsweise auch mit verwandten Formulierungen wie „ökologisch“, „biologisch“ oder „biologisch-dynamisch“ wirbt, ohne die Norm zu erfüllen, macht sich strafbar. „Wir beobachten durchaus eine Abnahme der Pseudobioprodukte“, stellt Agöl-Geschäftsführerin Manon Haccius denn auch befriedigt fest. Verbraucher könnten „sehr sicher davon ausgehen“, daß sie nicht betrogen werden, wenn auf einem Produkt mit dem expliziten Hinweis auf ökologischen Landbau geworben wird. Eine beliebte Ausweichformulierung ist dagegen der Begriff vom „integrierten Anbau“, der den Kunden Öko suggerieren soll, wo gar kein Öko drin ist.

Die EU bastelt auch an einem eigenen Umweltzeichen, das ähnlich wie der deutsche „Blaue Engel“ an diejenigen Produkte vergeben werden soll, die gegenüber vergleichbaren Erzeugnissen die geringsten Umweltbelastungen verursachen. Die „Öko-Margerite“, das Zeichen sieht einer solchen Blume zumindest ähnlich, wird allerdings bislang erst für wenige Warengruppen beispielsweise Waschmaschinen, Geschirrspüler, Farben und Lacke sowie Waschmittel vergeben, wobei die entsprechenden Kriterienkataloge (mit Ausnahme der schon 1993 veröffentlichten Anforderungen an Waschautomaten) auch erst seit wenigen Monaten bekannt sind. Dementsprechend gibt es auch noch kaum Produkte, die das EU- Ökolabel tragen. J. Siemer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen