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Super-Kat statt E-Mobil

■ Der Autoverleiher Sixt hat auch strombetriebene Fahrzeuge im Angebot. Umweltbundesamt: "Förderung des Superkatalysators wäre umweltfreundlicher"

Der Werbespruch ist von der pfiffigeren Machart: „Watt Volt Ihr mehr?“ Diese Ansammlung elektrischer Maßeinheiten verrät schon, daß mit dem Slogan nicht für ein fruchtiges Kaubonbon geworben wird. Denn elektrischer Natur ist die Energie, mit der der französische Kleinwagen fährt, den die Deutsche Bahn AG (DBAG) und Deutschlands Autovermieter Nummer 1, die Sixt AG (Marktanteil etwa 20 Prozent), seit Frühjahr diesen Jahres gemeinsam anbieten. „Die Bahn jetzt auch als Auto“, heißt es dazu in einer anderen Anzeige. Zum Preis von 44 Mark für vier Stunden bieten beide Partner neun City-Stromer an den Hauptbahnhöfen München und Frankfurt sowie seit kurzem vier weitere auf Sylt an. Wer auf die Idee mit den E-Mobilen gekommen ist, sei „nicht mehr nachvollziehbar“, sagt der Sprecher der Deutschen Bahn, Martin Katz, in der Frankfurter Zentrale. Dafür ist das Ziel dieser „strategischen Allianz“ klar, nämlich: „Mit innovativen Verkehrskonzepten unter besonderer Berücksichtigung ökologischer Aspekte Reisen bequemer und schneller zu machen und dabei öffentlichen Fernverkehr mit individueller, urbaner Mobilität zu kombinieren.“ Trotz dieser wohlwollenden Formulierung hat Reinhard Kolke, der im Berliner Umweltbundesamt (UBA) als Experte für Zukunftstechnologien im Straßenverkehr tätig ist, so seine Bedenken mit der E-Mobil-Kooperation zwischen DBAG und Sixt. Dabei ist für den UBA-Mitarbeiter gar nicht einmal die Diskussion entscheidend, ob der Fahrzeugstrom aus regenerativen Energiequellen oder aus Atom- und Kohlekraftwerken gespeist wird: „Das Geld sollte aus Umweltsicht besser in die Förderung der Super-Kat-Technik investiert werden, denn selbst bei nennenswerten Fahrzeugbeständen werden durch Elektrofahrzeuge keine ausreichenden Immissionsentlastungen in den hochbelasteten Straßen der Innenstädte erreicht.“

Statt auf Elektromobile setzt die Berliner Umweltbehörde auf eine neue Fahrzeugtechnik: So können bei einem „Ultra-Low-Emission- Vehicle“ (Ulev), einem besonders emissionsarmen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, dank des Super-Kats noch einmal 70 bis 80 Prozent der Schadstoffe herausgefiltert werden, die der normale Dreiwegekatalysator ohnehin schon um 90 Prozent reduziert hat. Deshalb haben die Stromautos im Vergleich zu den Ulev-Fahrzeugen bei der Schadstoffbilanz nur noch bei den Kohlenmonoxid- und Stickoxidemissionen Vorteile.

Genau das zeigte eine umfassende Untersuchung des Umweltbundesamtes aus dem vergangenen Jahr, die allerdings keine große Aufmerksamkeit fand. Und nicht nur das: Die Umrüstung auf den Super-Kat ist für weniger als 350 Mark zu haben. Reinhard Kolke: „Mit dem gleichen Geld, das für die prognostizierten Mehrkosten eines einzigen Elektromobils ausgegeben werden müßte, könnten die Zusatzkosten von bis zu 39 Super-Kat-Autos finanziert werden, was unter dem Strich den belasteten Innenstädten und Ballungsräumen durch eine flächendeckende Verringerung der Emissionen mehr helfen würde.“ So droht folgende Gefahr: Jedes Watt-Mobil wird wegen seines begrenzten Einsatzradius', egal wie abgasfrei es durch die Straßen rollt, den Motorisierungsgrad und die Gesamtverkehrsleistung der Pkw erhöhen.

Dadurch, daß sich Sixt erst einmal für das „InnerCity E-Mobil“- Pilotprojekt engagiert, hat der Autovermieter es versäumt, Druck auf die Fahrzeughersteller auszuüben, die Super-Kat-Technik im größeren Maßstab schon heute anzubieten. Genau den könnte der Münchner Autovermieter aber machen, umfaßt der unternehmenseigene Fuhrpark doch rund 22.000 Automobile.

Daß Sixt nicht seine gesamte Flotte umrüsten wird, zeigt schon das mit Renault abgeschlossene Rahmenabkommen: Insgesamt nur 200 Elektrofahrzeuge wird Sixt bei entsprechender Resonanz in Frankreich ordern. Somit würde also nicht einmal ein Prozent des Fuhrparks umgestellt. Ungenutzt ist aber auch eine andere Chance: die Zusammenarbeit der Deutschen Bahn mit den Nahverkehrsverbünden zu intensivieren. „Ökologisch wäre viel mehr gewonnen, wenn Reisende mit einem Bahnticket zugleich auch Fahrscheine für Busse und Straßenbahnen an ihrem Zielort kaufen könnten.“ Diese „Vernetzung“ sagt Bahnsprecher Martin Katz, gäbe es zwar schon vielerorts, „allerdings müssen diese Kooperationen ausgebaut und verbessert werden.“ Also, bis dahin kann es auf die Frage „Was wollt ihr mehr?“ nur heißen: „Maoam.“ Ralf Köpke

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