: Ein neuer Fall für Pastor Berti?
Trotz magerem 1:0 gegen fußballverhindernde Arminen aus Bielefeld übt sich die Führungsetage der Münchner Bayern in Schönrednerei ■ Aus München Nina Klöckner
Vielleicht ist es sein italienischer Charme? Oder das edle Tuch, in das er sich zu hüllen pflegt? Wie er es genau anstellt, wird wahrscheinlich eines seiner wenigen Geheimnisse bleiben. Irgendwie hat es Giovanni Trappatoni aber auf jeden Fall geschafft, der obersten Etage seines alten neuen Arbeitgebers den Kopf zu verdrehen.
Als Otto Rehagel noch an der Außenlinie entlangtigerte, hätte sich das Führungsduo des FC Bayern ob der dargebotenen Leistung am vergangenen Wochenende mit Sicherheit den Kopf wundgeschüttelt. Doch nach dem mageren 1:0 der untergebenen Balltreter gegen Arminia Bielefeld übten sich Franz Beckenbauer und Karl- Heinz Rummenigge diesmal artig in Schönrednerei. Letzterer wollte nicht einmal das Ende des Spiels abwarten: „1:0 gewonnen. Dortmund nur unentschieden, was will man mehr an einem verregneten Samstag nachmittag?“ Sprach's und entschwand kurz vor dem Schlußpfiff in der wohltemperierten VIP-Lounge. Daß die schwarz- gelbe Konkurrenz doch noch einen Sieg schaffte, dürfte inzwischen zu ihm vorgedrungen sein. 1:0 gewonnen, resümierte auch Kaiser Franz nach Spielende, sei 1:0 gewonnen, Hauptsache zu Null. Hat die Führungsriege nun tatsächlich die Leichtigkeit erfaßt, oder können die erfolgshungrigen Bayern Bundesligaspiele gegen Mannschaften aus den unteren Tabellensphären schon gar nicht mehr ernst nehmen?
Der Übungsleiter Trappatoni hegte vor dem Spiel gegen den Aufsteiger lediglich den Wunsch nach einem streßfreien Nachmittag, zu peinlich war ihm die 1:1-Vorstellung gegen den VfL Bochum noch in Erinnerung. Und so schickte er sein Ensemble anfangs in bester Besetzung aufs Grün, selbst Publikumsliebling Mehmet Scholl durfte wieder von Beginn an mitkicken. Jener fühlte sich obdessen auch gleich von neuer „Kraft und Freude“ durchdrungen, rackerte neunzig Minuten eifrig übers Geläuf, ohne dabei allerdings richtig gefährlich zu wirken.
Wie eine riesige Woge schwappte der FC Bayern unaufhörlich vor des Gegners Strafraum, um dort meist frühzeitig zu versanden. Allein Christian Ziege vermochte es in der zweiten Hälfte, die geschickt plazierten Wellenbrecher Bielefelds zu überlisten. So hatte wenigstens er „heute viel Spaß“, schließlich lief alles, was lief, über seine linke Seite. Viel mehr gibt es denn auch nicht zu berichten. Vorturner Trappatoni attestierte seiner Mannschaft jedenfalls „ein gutes Spiel“ und einen „guten Charakter“. Wie auch immer: 1:0 gewonnen, drei Punkte eingesackt. Abhaken.
Bielefelds Trainer Ernst Middendorp bekam noch schnell die Möglichkeit, der einzigen „Riesenchance von Stefan Kuntz“ nachzutrauern, die alles hätte anders laufen lassen, um sich sogleich für den Gedanken zu entschuldigen: „Aus meiner Sicht darf man schon mal ein wenig philosophieren.“ Schließlich ist der Saisonstart beim Aufsteiger gehörig in die Hose gegangen, magere drei Punkte haben die Bielefelder bisher eingespielt.
Beim FC Bayern beschäftigte man sich derweil längst mit wichtigeren Dingen, mit den wahren Herausforderungen des Geschäfts, mit Valencia, dem ersten Gegner im UEFA-Cup. Er freue sich wirklich sehr auf das Spiel am Dienstag in Spanien, gab Thomas Strunz zu Protokoll. Dort werde dann auch wieder Fußball gespielt, versprach der Münchner, weil Valencia diese Sportart schließlich auch beherrsche. „Das Spiel heute hatte mit Fußball nichts zu tun.“ Bielefeld habe Fußball verhindert. Überhaupt sei es eine Frechheit, daß eine solche Mannschaft in der ersten Liga spielen dürfe.
Das wollte Bielefelds Thomas von Heesen dann doch nicht unkommentiert im Raum stehen lassen. „Strunz ist ein riesen Nationalspieler, wahrscheinlich der beste Deutschlands, der darf so etwas sagen.“ Ein neuer Fall für Pastor Berti, neuerdings unterwegs im Dienste des Bundesverdienstkreuzes? Übeltäter Strunz taucht in den nächsten Tagen sicherheitshalber erst einmal in Spanien unter.
Arminia Bielefeld: Stein - Stratos - Hobday, Meißner - Bode, Reeb, Maas, von Heesen, Silooy (67. Walter), Maul (56. Reinar) - Kuntz
Zuschauer: 55.000, Tor: 1:0 Ziege (58.)
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