■ Querspalte: Babies und die 12- Ton-Musik
Früher hat sich die Musikseelenforschung an kleine Kinder nicht herangetraut. Menschlicher war's, statt dessen Tierversuche zu unternehmen. Mit den Kühen fing es an. Seither schrammelt in deutschen Kuhställen eine kleine Nachtmusik. Und es läuft: Die schwarzbunte Luise gibt drei Liter Milch mehr am Tag. Als die Sex Pistols versuchsweise durch den Stall wummerten, tröpfelte es dagegen nur noch aus Luises Euter. Das war der Beweis: Mozart ist natürlich, Biomusik, gewissermaßen schon in der Milch enthalten. So der aktuelle Stand der Mensch-Tier-Musik-Seelen-Forschung.
Zwei renommierte Psychologen von der noch renommierteren Harvard-Universität wollten sich damit jedoch nicht zufriedengeben – und wagten ein Experiment an lebenden Kleinstkindern. 32 Säuglinge, allesamt gerade mal vier Monate alt, wurden vor große Lautsprecher gesetzt und mußten vier Synthesizermelodien über sich ergehen lassen. Auf die Boxen hatten die emsigen Forscher ein uns unbekanntes Muster geklebt. Und man höre und staune: Bei Melodien mit harmonischen Tonfolgen (Terzen, Quinten) blickten die Säuglinge „deutlich länger“ auf das Muster als bei disharmonischen Tonfolgen (Tritonus? Bäh!).
Das Harmonieempfinden sei genetisch festgelegt, die Zwölftonmusik hingegen unnatürlich, schlossen bläsersatzscharf Marcel R. Zentner und Jerome Kagan. Arnold Schönbergs Klaviersuite – nur mühsam ansozialisierter Krach! „Alle meine Entchen“ hingegen angeboren. Rätsel über Rätsel: Gibt es doch ein richtiges Hören im falschen, vielmehr kein falsches Hören im richtigen?
Die Frage bewegt auch deutsche Wissenschaftler, die jetzt die genetische Musikforschung weiter vorantreiben. Gerade wurde die DNS von zwölf Oberschülerinnen der höheren Mittelschicht auseinandergeschnippelt. Sensationell: Der aufgezeichnete genetische Code erinnerte an Klaviernoten eines gewissen Ludwig van B. für eine gewisse „Elise“. Warum?
Die Forschung geht weiter. Barbara Dribbusch
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