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Wie Mondamin: Die Familie bindet alles

■ Lucy Show und The Munsters als ironische Spiegel: Klassische TV-SitComs im Metropolis

Eigentlich sind es die Sitcoms, die Amerika am Laufen halten. Daß die USA immer noch nicht unter den eigenen, monumentalen Paradoxa zerplatzt sind, bildet das Staunen der Welt seit vielen Jahrzehnten. Soziologen flüchten sich vor diesem Phänomen gern in den Verweis auf die klassenlose Gemeinschaft, die von der amerikanischen Verfassung verheißen wird. Weit gefehlt. Das Erfolgsrezept der USA heißt Selbstironie; und darum wird ein Tränensack wie Bob Dole es nimmer zum Präsidenten packen.

Der am leidenschaftlichsten propagierte Mythos der amerikanischen Gesellschaft ist der von der Familie. Die Amerikaner hassen (wie alle Erdbewohner) ihre Familienbande von Herzen: Und doch ist die heile Familie die heilige Utopie der USA. Aus diesem Widerspruch sind die Sitcoms entstanden. Sie machen sich lustig über das offizielle Familienbild; und liefern doch zugleich – durch Humor und Menschlichkeit – eben jenes integrative Element, das der atomisierten US-Gesellschaft so bitter fehlt. Sie verscheißern die offizielle Ikone, um sie desto friedlicher zu restaurieren. So entstanden The Munsters.

Eine Vereinigung von lauter Freaks tut sich hier zusammen und lebt äußerst beflissen den Werten nach, die in der Vorhölle der Suburbs gefordert werden. Daß die lächerlichen Bemühungen der Monster um soziale Akzeptanz regelmäßig schiefgehen, könnte ein äußerst böser Kommentar zum Glücksversprechen der „Bill of Rights“ sein. Aber so liebevoll, wie die Munsters sich im Schlußbild zusammenfinden, so unverzagt und zukunftsfroh, wächst aus der morbiden Comedy zuletzt doch ein Harmonieversprechen.

Dieser unerschrockene Optimismus, der erst nach Watergate begraben wurde, prägt auch eine der erfolgreichsten Sendungen, die je in den USA ausgestrahlt wurden, die Lucy Show mit Lucille Ball. Die Titelheldin mag zwar völlig unfähig sein, sich und ihr Leben zu regeln. Doch ihr unverdrossenes Streben nach dem Glück, ihre infantile Faszination vor denen, die „es“ geschafft haben, und zumal ihr goldenes Großmaul geben ihr, die dauernd versagt, trotz aller Niederlagen immer wieder recht: In der Lucy-Sitcom zählt nicht, was man ist, sondern die Kraft, mit der man wünscht, jemand anderes zu sein als man selbst. Nicht zufällig hieß der wichtigste Lehrer von Lucille Ball Buster Keaton; und es ist genausowenig ein Zufall, daß „Desilu“, Lucille Balls hauseigene Produktionsfirma, die erste Staffel von Star Trek betreute.

Kay Sokolowsky

Das Metropolis zeigt je drei Folgen aus der besten Zeit der „Munstersund der„Lucy-Show“, als Original-Hommage in 16 mm. „Lucy Show I“ läuft am Fr, 13. September um 21.15 Uhr,“Lucy Show II“ folgt am selbenAbend um 23 Uhr.

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