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„Nabel der Stadt“

■ Gröpelingen hat jetzt einen Fähranleger – ohne Fährverkehr

„Wenn Sie sich einmal umdrehen mögen. Sie sitzen ja alle mit dem Rücken zum Ufer“, mahnte Bausenator Bernt Schulte gestern auf einer Weserfahrt. Dort stellte er seine Visionen zur „Stadt am Fluß“ vor, die Ralf Fücks auf den Weg brachte. „Entwicklungsachse Weser“ heißt das Projekt nun und soll die Weser von der unteren Schlachte bis nach Gröpelingen zum „Nabel der Hansestadt“ machen.

Mit vollem Köpereinsatz klebt Dieter Kniemeyer, Stadtplanungsamtsleiter, einen ersten Entwurf der Flußstadt an das Schiffsfenster. Aus der unteren Schlachte mit seinen spitzen Ufersteinen, schmalen Bürgersteigen und steilen Uferböschungen will Schulte eine „attraktive Promenade“ machen. „Das ist jetzt noch ein Schmuddelfleck“, klagt er, „schauen Sie sich mal die Kante der Häßlichkeit an.“ Kein Provisorium soll da mehr stehen, sondern ein 1200 Meter langer Fuß- und Radweg, der ganze 8,50 Meter breit ist. Außerdem soll die Böschung viel flacher werden und die spitzen Steine werden durch eine glatte Steinfläche ersetzt. „Da kann man dann sein Badetuch mitnehmen“, schwärmt der Stadtplaner und zeigt auf eine leichte Uferneigung auf dem Plan, „und sich hinlegen“ oder mit den Füßen im Weserwasser planschen. Eine senkrechte Spuntwand soll die Schiffe fünf Meter näher ans Ufer heranlassen, damit sie nicht mehr in der Fahrrinne liegen – auf dem bunten Plan am Schiffsfenster reihen sich kleine gemalte Schiffe dicht aneinander – durch Pontons und Stege mit dem neuen Ufer verbandelt. Bausenator Schulte hat mit den Spuntwänden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Das Hafenressort muß ein Drittel der Baukosten übernehmen, weil mit dem Bau des neuen Weserwehr „der Hochwasserschutz sowieso geboten ist.“ Rund 30 Millionen Mark kostet der ganze Weserspaß: ein Drittel soll die Stiftung „Wohnliche Stadt“ sowie ein weiteres das Hafenressort tragen. Der Rest soll aus dem Investitionsonderprogramm kommen. Schulte hofft auf Baubeginn im nächsten Jahr, denn schon im Oktober soll das Projekt vom Wirtschaftsförderungsausschuß besiegelt werden.

Gemütlich schippert das Schiff den Überseehafen an: den Höhepunkt der Reise. Denn dort am Pier 2 soll Bürgermeister Henning Scherf heute den neuen „Fähranleger Gröpelingen einweihen – zur diesjährigen Eröffnung des Weserfestes. Der über eine Millionen Mark teure Ponton schimmert schwarz in der Sonne. „Gröpelingen ist ein wichtiger Stadtteil“, beteuert Bausenator Schulte und verdrückt sich, als Christiane Gartner vom Kulturladen Gröpelingen über fehlendes Mittel für das Lichthaus, den Kulturladen und das Nachbarschaftshaus spricht. Fernsehwirksam besteigt Schulte schließlich den frischgestrichenen Ponton. Dort sollen bei Großveranstaltungen wie „Stomp“ Schiffe anlegen. „Einen richtigen Verbundverkehr nach Gröpelingen wird es vorerst nicht geben“, machte Schulte jedoch klar. „Eigentlich gefällt uns der Anleger noch nicht so gut“, kritisiert Anne Lüking von der Bremischen Gesellschaft, die Gröpelingen mitsaniert. Die grauen Spuntwände, der industrielle Fährweg und der Rasen vor dem Pier 2 müßten dringend neu gestaltet werden – von Professor Gustav Lange, der bereits den Außenraum der städtischen Galerie geplant hat. Doch dafür müßten erst die Pläne für den Space Park stehen, so Lüking. Dafür soll vor dem Pier 2 schon im Februar ein Cafe stehen, „wenn Stomp wiederkommt“, gibt Lüking der Schiffsgruppe auf den Weg. kat

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