piwik no script img

■ VorschlagDie Berlinerin aus Paris: Eva Busch spricht bei den „Berliner Lektionen“

„Der Haß, den ich für die Nazis empfand, gab mir die Kraft, mich nicht zu den anderen violetten Kadavern am elektrischen Zaun zu werfen. Es war ein vitaler Haß. Nur durch ihn wurde ich nicht wahnsinnig, denn ich hatte ja ein Ziel: Für diesen menschlichen Abschaum wollte ich nicht sterben.“ Auch heute noch, wenn Eva Busch von ihren Erfahrungen im Konzentrationslager erzählt, spricht die Frau aus ihr, die um ihre Würde gekämpft hat. Ihre Autobiographie heißt entsprechend „Und trotzdem“.

1937 wurde die geschiedene Ehefrau des kommunistischen Agitators, Sängers und Schauspielers Ernst Busch aus Deutschland ausgebürgert. In den folgenden Jahren trat sie überall dort auf, wo Hitlers Truppen noch nicht waren: in der Schweiz, in Belgien und Holland, in den USA und immer wieder in Frankreich. Dort fühlte sie sich zu Hause, mit diesem Land habe sie schon in jungen Jahren „eine Art Verwandtschaft“ verbunden. Doch nach der deutschen Besetzung wurde sie dort von der Gestapo aufgespürt und ins Lager deportiert. Fast vier Jahre verbrachte sie in Gefangenschaft, zunächst in Gurs, dann in Ravensbrück.

Nach dem Krieg fand sie in Frankreich eine neue Heimat und knüpfte an der vor Kriegsbeginn im legendären Berliner Kabarett von Rudolf Nelson begonnenen Karriere als Chansonnette mit Liedern von Nelson, George Brassens, Hanns Eisler und André Grassi wieder an. Paris empfing die beeindruckend schöne Diva mit der mondänen, etwas kühlen Ausstrahlung und ihrer kräftigen, weichen Stimme mit offenen Armen. Eva Busch wurde Teil der Künstlerboheme um Max Ernst, Pablo Picasso und Louis Aragon. Ihr größtes Glück jedoch, wie sie sagt, ereignete sich 1946, als sie der Journalistin und Schriftstellerin George Sinclair begegnete. George Sinclair schrieb zahlreiche Chansontexte für ihre Lebensgefährtin. Nach ihrem Tod 1984 nahm Eva Busch wieder einen Wohnsitz in Deutschland, in München. Ihre „Berliner Lektion“, die die heute 84jährige Künstlerin im Rahmen der Festwochen halten wird, hat dennoch den Titel „Die Berlinerin aus Paris oder die Pariserin in Berlin“. Axel Schock

Morgen, 15.9., 11.30 Uhr im Renaissance-Theater: Eva Busch im Gespräch mit dem Kulturkritiker Klaus Geitel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen