: Verkehrsclub ist auf die Autofahrer angewiesen
■ Der VCD wird heute offiziell zehn Jahre alt. Nach der Euphorie der Anfangsjahre und einigen Erfolgen sucht der Verein nun den Weg im Schatten des Riesen ADAC
Berlin (taz) – Wenn Deutsche sich ärgern, gründen sie einen Verein. Das kann durchaus positive Folgen haben, wie der Verkehrsclub Deutschland (VCD) zeigt. Die eigentliche Gründung fand schon am 19. Juli 1986 in einer Bonner Kneipe statt, doch offiziell ins Vereinsregister eingetragen wurde der e.V. erst am 14. September und feiert deshalb auch heute Geburtstag. Mitglieder der Grünen und Verkehrsaktivisten sannen auf Abhilfe gegen die Autopolitik der noch nicht so alten Bundesregierung Kohl. Deren Bundesverkehrswegeplan sah beispielsweise den Bau von 2.300 Kilometern Autobahn und 5.000 Kilometern Bundesstraßen vor.
Als Gegengewicht zum mächtigen ADAC sollte der VCD diejenigen repräsentieren, die Mobilität nicht nur als Automobilität verstanden. Die Autogesellschaft wurde natürlich nicht gleich ad acta gelegt, doch einig Erfolge hat der VCD im Laufe der Jahre in Deutschland angeschoben: Die Bahncard, Carsharing, eine Schwerverkehrsabgabe für Lkw und so weiter.
Der VCD entwickelte sich zunächst stürmisch. Alle, die vom ADAC die Nase voll hatten, sollten kommen. In den letzen Jahren wuchs die Zahl der VCDler und damit auch ihr politisches Gewicht kaum noch; sie liegt derzeit bei etwa 70.000. Der ADAC kann deshalb auch ganz locker bleiben: „Wir gratulieren“, so Dieter-Klaus Franke, der Umweltreferent des ADAC. „Wir können im VCD keinen Konkurrenten erkennen. Wir gehen schließlich auf 13,4 Millionen Mitglieder zu.“
„Unser Marktpotential schätzen wir auf zwei bis drei Millionen Menschen in Deutschland“, meint VCD-Sprecher Burkhard Reinartz. „Doch wir wären froh, wenn wir zur Jahrtausendwende die 100.000 überschreiten würden.“ Die größte Mitgliederreserve sehen VCD-Strategen bei den Auto- und nicht bei den RadfahrerInnen. Um die Beitrittszahlen höher zu treiben, wäre aber breite Werbung in den Massenmedien nötig. „Das kostet Geld. Und das haben wir nicht“, bedauert Reinartz.
Ein Hauptmanko sieht Reinartz im öffentlichen Bild. Der VCD sei kein Anti-Autofahrer-Verein. „Auch unsere Mitglieder haben zu 80 Prozent ein Auto.“ Wenn Schritt für Schritt weniger Fahrten mit Autos unternommen würden, sei derzeit schon viel erreicht, meint er.
Aber auch das Serviceimage des VCD stimmt nach Ansicht vieler im Verein nicht: „Heute zahlt keiner mehr 66 Mark Jahresbeitrag allein für ein gutes Gewissen“, sagt Reinartz. „Dafür müssen Sie auch Serviceleistungen bieten.“ Und die gibt's beim VCD fast im gleichen Umfang wie bei den anderen Autoclubs – nur sei das auch bei kritischen Leuten nicht im Kopf drin, bedauert Reinartz. Die Kraftfahrzeugversicherung ist sogar besonders billig, weil VCDler im Schnitt weniger Kliometer pro Jahr und Autos mit weniger PS fahren. rem
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen