Gastkommentar: Schulzentren schrumpfen
■ Ex-SPD-Bildungssenator Franke zur Koalitions-Diskussion um Schulpolitik
Sie waren schon immer ein Ärgernis für die CDU, die Bremer Schulzentren, von der SPD in den seligen Zeiten der Alleinregierung durchgesetzt und inzwischen von ihrem Klientel vor Ort angenommen. Nun will die CDU als Sparmaßnahme die einzügigen Schulzentren schließen. Die SPD sieht das als Griff an ihre Bildungsgurgel und will sich wehren. Wo sonst politische Themen fehlen, soll Streit um die Schulpolitik müde Geister munter machen. Schulpolitik ist in Bremen aber noch nie wahlentscheidend gewesen. Selbst damals, als ich zu Gunsten der Schulzentren die Einzelgymnasien schloß und ein Hauch von Bürgerkrieg über der Stadt lag, waren Minderheiten rasend, die ohnedies nicht SPD wählten.
CDU-Chef Neumanns Vorstoß, die einzügigen Schulzentren zu schließen, ist aber bildungspolitisch hochinteressant, und die GenossInnen, die ihn mit Sofortgeheul abblocken wollen, sollten erst ein wenig nachdenken. In meinen Überlegungen, die am Anfang der flächendeckenden Einführung von Schulzentren standen, ging ich von der Prämisse aus, es sollte keine Mittelstufenzentren geben, die nicht im Gymnasialzweig pro Jahrgang zwei Parallelklassen hätten. Das war vor allem ein bildungspolitisches Argument.
Die Standards im Unterricht lassen sich ganz anders halten und ausbauen, wenn wenigstens zwei Parallelklassen existieren. Hier könnten die Maßstäbe für fachliche Leistung besser geeicht, Unterrichtsvergleiche durchgeführt werden. Einzügigkeit kann schnell zu unterrichtlichem Dünnschiß verkommen.
Für ein wohnortnahes Gymnasialangebot gibt es gute Argumente. Ich bin aber nach wie vor überzeugt, daß die Zukunft der Schulzentren sich an der Qualitätsfrage entscheidet. Wer die Leistungsstandards hochhält, verteidigt die Schulzentren. Insofern kann der CDU-Vorstoß auch dazu benutzt werden, die Konsolidierung der Schulzentren voranzutreiben und sie unangreifbar zu machen. Wir brauchen leistungsfähige Schulzentren. Einzügige Gymnasialabteilungen mit jährlicher Angstpartie, ob auch genug SchülerInnen kommen, schwächen die bildungspolitische Position der SPD. Genossinnen und Genossen, schrumpft die Schulzentren stark. H. W. Franke
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