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Le Pen „gegen Rassismus“

■ Rechtsradikale demonstrieren in Marseille nach Tod eines Schülers

Marseille (AFP) – Mehrere tausend Menschen haben am Samstag in Marseille an einer Kundgebung der rechtsradikalen Front National von Jean-Marie Le Pen teilgenommen, um gegen „mangelnde Sicherheit“ zu protestieren. Anlaß der Demonstration war der Tod eines Schülers, der in der südfranzösischen Hafenstadt von einem aus Marokko stammenden Jugendlichen auf offener Straße niedergestochen worden war. Die laut Polizei und Veranstalter sechs- bis siebentausend Demonstranten zogen schweigend durch die Stadt. Eine Auseinandersetzung zwischen Kundgebungsteilnehmern und rund zwanzig farbigen Jugendlichen konnte die Polizei rasch beenden. Der Vater des getöteten Schülers äußerte Abscheu vor dem Versuch der Rechtsradikalen, den Tod seines Sohnes politisch auszuschlachten.

Front-National-Parteichef Le Pen kritisierte in einer Rede die „Politiker“ und den „dekadenten und ohnmächtigen Staat“, der unfähig sei, „die Grundfreiheiten und die Sicherheit“ der Bürger zu gewährleisten. Sie seien verantwortlich für den Mord an dem 14jährigen Nicolas, der am Montag von einem 15jährigen mitten in der Stadt getötet worden war. Gegen den mutmaßlichen Täter, der ein Geständnis ablegte, ergingen am Freitag abend Anklage und Haftbefehl. Es handle sich ohne Zweifel um eine „antifranzösische und rassistische Tat“, sagte Le Pen vor seinen Anhängern.

Die oppositionelle Sozialistische Partei und zwei Antirassismus-Organisationen hatten die zuständigen Regionalbehörden vergeblich aufgefordert, die Demonstration zu verbieten. Nach der Kundgebung fand am Nachmittag die Trauerfeier für den Jungen statt. Der liberale Minister und Bürgermeister von Marseille Jean- Claude Gaudin rief die Bevölkerung zu fünf Schweigeminuten auf, während die Totenglocken der Kirchen und die Sirenen der Schulen in der Stadt ertönten.

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