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■ VorschlagNoch mehr Ende: „2.000-Füßler“ in der Staudenhofgalerie Potsdam

Manches Ende ist unaufhaltsam, anderes kann, der Not gehorchend, nicht verhindert werden. Die Staudenhofgalerie Potsdam, unterhalten vom Brandenburgischen Verband Bildender Künstler, muß wegen steigender Mieten schließen, was zwei ihrer Mitglieder veranlaßte, in der letzten Ausstellung einen „Schwanengesang anzustimmen“ – auf die Zeiten und das nahende Ende des Jahrtausends.

Ausführendes Wesen der Endzeitarie ist ein Tausendfüßler, der Zeitenwende angemessen als „2.000-Füßler“ bezeichnet. Es ist ein 15 Meter langes, buntes, sich elegant im langgestreckten Galerieraum windendes Röhrentier. Kein putzig-vielgliedriges Würmchen, sondern ein eindrucksvolles Prachtexemplar in Goliathversion. Malte Brekenfeld und Rainer Sperl haben es aus sieben Stahlblechrohrstücken zusammengeschweißt, mit leuchtender Acryl- und Kupferdruckfarbe bemalt und mit vielerlei Objektapplikationen besetzt und so als Projektionsfläche benutzt.

Schwer lastet der von „Traum/Idealismus“ gefüllte Kopf auf Findlingsklotz und Betonsockel, gefolgt von den Segmenten „Idee/ Hoffnung“, „Finanzwelt“, „Sex“, Politik/Historie“, „Umwelt“, „Technik“, und am After sitzt die „Kunst“. Die Öffnung der Myriaden von Stoffen verdauenden Menschheitsraupe wird notdürftig von einem Deckel abgeschlossen. Gebogene Röhren bilden die Beine, die in teils glasierten menschlichen Terracottafüßen enden, die letzten verwandeln sich in rund oder gezackte Räder. Als weitere Gegenstände sind Fundstücke angebracht wie Meßgeräte, Notbremse, Propeller, Hornbrille, Kruzifix und Hitlerfigur, Styroporwäldchen und kämpfende Spielzeugfiguren. Im Inneren des Tier rumort ein Fernseher, aus einem Acrylglasaquarium stinkt's bestialisch – eine tote Karausche ruht im trüben und brackigen Wasser.

Wer wissen will, warum die Welt auf den Wurm gekommen ist, der findet einprägsame, teils kryptische Bilder und keine Erklärungen. Insektenforscher mit menschlichem Scharfblick kommen auf ihre Kosten bei der virtuosen Bastelarbeit, die ein nicht minder origineller Katalog mit Schraubheftung begleitet. Michael Nungesser

Bis 28.9., Mo-Fr 10-18, Sa 10-14 Uhr, Galerie im Staudenhof, Potsdam, Am Alten Markt 10, Katalog 20 DM

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