: Keine Schüssel für Herrn Meli
Calogero Meli, am 2. Juli 1962 im südsizilianischen Campobello di Licata geboren, lebt seit gut 30 Jahren in Hochheim am Main. Schließlich hatte sein Vater doch bei Opel eine gute Arbeit gefunden, und er hat seine ganze Familie nachgeholt. Schule in Mainz und Hochheim, dann Lehre als Schwimmeistergehilfe im städtischen Hallenbad Hochheim und, weil keine Planstelle da war, Bäckergehilfe. Er lernt Renate kennen, Tochter einer Spätaussiedlerfamilie aus Obeschlesien.
Alle legen ihm nahe, die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen. Er tut's, geht zur Bundeswehr, um im nordhessischen Herborn zusammen mit amerikanischen Kameraden eine Raketenstation zu bewachen. Heute hat Herr Meli eine kleine „Schaubäckerei“ am Kaiser-Friedrich-Ring in Wiesbaden, gegenüber dem Hauptbahnhof.
Zwei süße, kleine Buben kommen im Abstand von fünf Jahren auf die Welt. Die nun will Herr Meli natürlich zweisprachig erziehen – im sich einigenden Europa ganz vernünftig. Er spricht also bei seiner Wohnungsgesellschaft vor, daß er auf dem Dach der dreistöckigen Wohnanlage gerne eine kleine Satellitenantenne anbringen lassen möchte, um via Eutelsat das italienische Fernsehen empfangen zu können. „Klar“, sagt der Architekt, „keine Einwände, kein Problem, gehen Sie doch zu Frau..., die macht das Schreiben fertig.“
Doch nun entdeckt die Verwaltungsdame, daß Herr Meli ja gar kein Italiener mehr ist. Und so kommt's, wie's kommt: Der Antrag wird abgelehnt. Denn nur „Ausländer“ haben das Recht, ihre „Heimatsender“ zu sehen, und unser Calogero Meli, den sie alle Carlo nennen, ist dummerweise Deutscher geworden...
Herrn Melis Eltern und seine zahlreichen Geschwister, Onkel, Tanten, Nichten und Neffen, allesamt „Ausländer“, weil noch italienische Staatsbürger, haben natürlich Eutelsat-Antennen.
Vielleicht kann dem Manne geholfen werden, damit er und seine deutsch-italienischen Kinder künftig die Olympischen Spiele auch in des Vaters Muttersprache sehen und hören können. Wolfram H. Pabel
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