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Im Verein für die Stadt

■ Interview mit Helmut Fecht aus Neustadt, der öffentliche Aufgaben übernommen hat

Neustadt an der Weinstraße steuert seit Jahren einen harten Sparkurs: Die Stadtverwaltung baut möglichst viele Stellen ab und reduziert ihre Angebote. So mußte ein Hallenbad schließen, der Schlachthof wurde privatisiert, und in den Schulen dürfen neuerdings die Eltern antreten, wenn ein Klassenzimmer gestrichen werden muß. Um das ehemals defizitäre Freibad im Stadtteil Mussbach kümmert sich ein Förderverein.

taz: Herr Fecht, wie wird man denn Freibad-Fördervereinsvorsitzender?

Helmut Fecht: Na ja, 1992 standen wir vor der Frage, ob unser Freibad geschlossen wird. Und die Alternative war, daß wir mithelfen, das Defizit zu verringern. Das lag damals bei 580.000 Mark pro Jahr. Wir haben dann die Pflege der Anlage übernommen, wir besetzen die Kasse, machen die Abrechnungen. Nur der Bademeister ist noch hauptamtlich, selbst die Hilfskräfte stellt unser Verein. Dadurch ist das Defizit auf knapp 200.000 Mark gesunken.

Da werden sich doch die meisten Leute denken: schön blöd.

Ich bin eben ein Mussbacher und hänge an dem Freibad. Mein Vater und mein ältester Bruder haben schon 1936 geholfen, das Bad auszuheben. Und so viele Skeptiker gibt's gar nicht. Wir haben in unserem Verein inzwischen 1.200 Mitglieder, von denen jeder mindestens 12 Mark im Jahr zahlt.

Kriegen die was dafür?

Am Mittwoch vor und nach den Öffnungszeiten ist Mitgliederschwimmen. Da dürfen sie umsonst rein, allerdings auf eigene Gefahr. Denn aus Kostengründen gibt's keinen Bademeister.

Und was haben Sie davon?

Ich freue mich, daß das Bad erhalten bleibt, gehe jeden Tag mindestens ein, zwei Mal vorbei und sehe nach dem Rechten. Und ich bin nicht der einzige. Allmählich engagiert sich ein harter Kern von vielleicht 25 bis 30 Leuten. Wenn die Frauen aus unserem Verein an den Kassen sitzen, machen sie schon mal ein Fläschchen Sekt auf, damit sie bei Laune bleiben.

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