piwik no script img

Große Koalition gegen Abschiebung nach Bosnien

■ Offener Brief von Bündnisgrünen, Caritas und Diakonie: Keine Rückführung von Bosniern ab dem 1. Oktober. Innenminister wollen morgen endgültig entscheiden

Bonn (AFP/epd/AP) – In einem offenen Brief an die Innenministerkonferenz haben die Bündnisgrünen, der Caritas- Verband und das Diakonische Werk gestern gefordert, die bosnischen Flüchtlinge nicht aus Deutschland abzuschieben. „Dem Trauma von Vertreibung und Flucht darf keinesfalls das Trauma einer überhasteten Rückkehr unter Zwang hinzugefügt werden“, sagte die bündnisgrüne Fraktionssprecherin Kerstin Müller. Solange die Sicherheit von rückkehrwilligen Kriegsflüchtlingen nach Einschätzung des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) nicht gewährleistet sei, dürfe die Rückkehr nur freiwillig erfolgen, fordern die Unterzeichner des Briefes. Unter ihnen sind der bündnisgrüne Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit, Wolf Biermann und Ralph Giordano.

Derselben Meinung waren auch Vertreter deutscher und bosnischer Hilfsorganisationen bei einer Anhörung der Gesellschaft für bedrohte Völker. Die Mehrzahl der Rückkehrer erwarte andernfalls eine Notversorgung in Zelten, da die Wohnungen zumeist durch Flüchtlinge innerhalb des eigenen Landes belegt seien.

Der SPD-Politiker und Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses Willfried Penner forderte eine zeitlich differenzierte Planung. Entscheidend für die Rückkehr der Kriegsflüchtlinge müsse die Aufnahmefähigkeit der jeweiligen Heimatregion sein. Penner: „Es gibt Gegenden, die in der Tat aufnahmefähig sind, und es gibt Gegenden, die total vom Bürgerkrieg verwüstet sind.“

Die Innenminister der Länder wollen morgen in Bonn einen Kompromiß suchen. Manfred Kanther (CDU) will ab 1.10. am Beginn der Rückführung von Bosniern festhalten. Laut Bundesinnenministerium sei aber auch vorstellbar, daß „auf die differenzierte Lage in Bosnien mit differenzierten Maßnahmen reagiert wird“. Bericht und Kommentar zur Wahl

in Bosnien Seiten 9 und 10

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen