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THC-Präparate im Test

■ Neuentwickelte Kapseln mit pflanzlichem THC sollen in einer Versuchsreihe Aids- und KrebspatientInnen Appetit machen

Mit einer großangelegten Vergleichsstudie an 600 PatientInnen will der holländische Mediziner Robert Gorter, Professor am Krankenhaus Moabit in Berlin, ab November die positiven Effekte von Cannabis bei Aids- und Krebskranken überprüfen. In Hamburg, Münster und Köln, aber auch in Wien, Rotterdam und Madrid werden sich PatientInnen an der Versuchsreihe beteiligen. Gorter will vor allem die Appetitsteigerung der PatientInnen durch den Cannabiswirkstoff Tetrahydrocannabiol (THC) belegen.

„Bereits zugelassene Appetitanreger mit anderen Wirkstoffen bewirken zwar auch eine Gewichtszunahme“, so Gorter, diese beschränke sich jedoch zum Großteil auf Wasser und Fettgewebe. „Das ist dann allenfalls ein bißchen Kosmetik“, meint der Immunologe. Entscheidend für den Gesundheitszustand der Patienten sei jedoch eine Zunahme des Muskelgewebes, die sich der Professor durch den THC-Einsatz erhofft.

Einem Drittel der Patienten soll das bereits in den USA verwendete „Marinol“ verabreicht werden. Das Medikament enthält synthetisches THC. Ein weiteres Drittel wird nur Placebomedikamente bekommen, um die Wirksamkeit der THC-Präparate abzuschätzen. Gorters besonderes Augenmerk liegt jedoch auf dem letzten Drittel der Testpersonen: Ihnen wird ein rein pflanzliches Cannabismedikament zur Verfügung gestellt. „Letzten Monat haben wir in Holland geerntet“, berichtet Gorter. Derzeit werden die Pflanzen in einem extra von Gorters Institut entwickelten Verfahren „verkapselt“, so daß sie wie herkömmliche Medikamente oral eingenommen werden können.

Die Kapseln, die zweimal täglich eingenommen werden müssen, enthalten je 2,5 Milligramm THC, was der Wirkung eines halben Joints mittelmäßiger Qualität entspreche. „Die Patienten müssen keinen Joint rauchen“, lacht Robert Gorter über die gängige Vorstellung des Cannabis-Einsatzes in der Medizin. Der Professor will durch die orale Einnahme der Kapseln vor allem das Krebsrisiko beim Marihuanarauchen umgehen, das die Gefahr von normalen Zigaretten noch um das Zehnfache überschreite. Gorter erwartet, daß bei dem pflanzlichen THC-Präparat weniger Nebenwirkungen als bei dem synthetischen auftreten. Schon im nächsten Sommer will Gorter die Ergebnisse der Studie vorlegen. Die holländischen Testpersonen dürfen dann bei positivem Bescheid gleich anschließend das pflanzliche Präparat weiter benutzen. In Deutschland könnte das Medikament frühestens sechs Monate später die Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bekommen, schätzt Gorter. Aber auch nur, wenn entsprechender Druck von den PatientInnen ausgehe. „In Deutschland“, bedauert Gorter, „ist das ja leider keine wissenschaftliche, sondern eine politische Entscheidung.“

Das BfArM hatte im Juni eine für das Bundesgesundheitsministerium erarbeitete Stellungnahme zur arzneilichen Verwendung von Cannabisprodukten veröffentlicht. In dem von Fachleuten als liberal eingestuften Bericht kommt das Bundesinstitut zu dem Ergebnis, daß „therapeutische Wirkungen von Marihuana-Produkten durch wissenschaftliche Untersuchungen in einem gewissen Umfang bestätigt und durch vorliegende Literatur in keinem Fall bestritten werden“. Gereon Asmuth

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