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Nur wer einen Job sucht, ist arbeitslos

■ Mit dem geplanten Arbeitsförderungsgesetz wird Arbeitslosigkeit neu definiert. Abbau von ABM im Osten

Berlin (taz) – Pfiffe vor den Arbeitsämtern, Empörung bei SPD und Bündnisgrünen in Bonn: Das geplante neue Arbeitsförderungs- Reformgesetz (AFRG) ist der nächste Zankapfel in der Sozialstaatsdebatte. Experten stritten gestern in einer Anhörung des Arbeits- und Sozialausschusses des Bundestages über diese Novelle.

Mit dem geplanten neuen Gesetz sollen die Einsparungen der Arbeitsämter bis zum Jahre 2000 auf jährlich 17 Milliarden Mark steigen. Mehr als die Hälfte davon soll die Absenkung von ABM und Weiterbildung im Osten auf Westniveau bringen. Schon im nächsten Jahr sind dazu Minderausgaben von mindestens 1,7 Milliarden Mark eingeplant, die im Jahre 1998 dann auf 3,4 Milliarden Mark steigen sollen.

Um die ABM-Einsparungen sozial gerechter wirken zu lassen, überlegen die ostdeutschen CDU- Abgeordneten jetzt, einen Änderungsantrag zu abgesenkten ABM-Tarifen einzubringen. Paul Krüger, Sprecher der ostdeutschen CDU-Abgeordneten im Bundestag, erklärte gestern in Berlin, denkbar sei, die ABM-Löhne auf 75 Prozent des tariflichen Entgeltes abzusenken. Man könne auch einen „gesonderten ABM-Tarif“ festlegen. Die Vergabe von ABM im Osten solle sich in jedem Fall nach der Arbeitsmarktsituation der jeweiligen Region richten.

Mit dem AFRG werden einige Kriterien verschärft. So gilt als ein Kriterium von „Arbeitslosigkeit“ dann zusätzlich die Tatsache, daß der Betroffene „eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche)“. Auf Verlangen des Arbeitsamtes habe der Arbeitslose seine Eigenbemühungen nachzuweisen“, lautet der Gesetzesentwurf.

Zumutbar sind laut AFRG dann außerdem Beschäftigungen, die in den ersten drei Monaten bis zu 20 Prozent, in den ersten sechs Monaten bis zu 30 Prozent weniger Verdienst einbringen als das vorherige Nettogehalt. Nach einem halben Jahr muß der Erwerbslose jeden Job annehmen, es sei denn, er verdient damit weniger, als er Arbeitslosengeld bezieht.

Der sogenannte Berufsschutz, nachdem nur Jobs im erlernten Beruf „zumutbar“ sind, wird abgeschafft. Pendelzeiten von drei Stunden täglich sind bei einem Vollzeitjob „zumutbar“. Nach dem AFRG ist der verlängerte Bezug von Arbeitslosengeld erst für 45jährige möglich. Und Abfindungen sollen künftig auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden.

Das AFRG ist im SPD-dominierten Bundesrat zustimmungspflichtig. Aber selbst wenn die Novelle so nicht durchkommen sollte, darf munter bei ABM und Weiterbildung gekürzt werden. Diese Leistungen sind nämlich sogenannte Kann-Leistungen. Verlangt Arbeitsminister Blüm im nächsten Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit weitere „Minderausgaben“, so kann ohne weiteres bei ABM und Weiterbildung gekürzt wrden. „Unsere Sorge ist“, so der ostdeutsche CDU-Abgeordnete Manfred Grund gestern, „daß genau das passiert.“ BD

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