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Watsche für Wissmann

■ Umweltbundesamt: Planung der ICE-Trasse basiert auf alter Prognose

Berlin (taz) – Verkehrsminister Matthias Wissmann geht wider besseres Wissen von veralteten Prognosedaten aus, um einen Bedarf für die geplante ICE-Trasse durch den Thüringer Wald zu begründen. Das wurde bei einer Anhörung im Bundestag am Mittwoch deutlich. Seit Sommer vergangenen Jahres liegen ihm die Ergebnisse einer ifo-Studie vor, die er selbst in Auftrag gegeben hatte.

Das renommierte Institut aus München korrigiert die Transportzuwächse im Vergleich zum Bundesverkehrswegeplan von 1992 deutlich nach unten: Für ganz Deutschland erwarten die Forscher bis zum Jahr 2010 etwa 33 Prozent weniger Reisende als ursprünglich angenommen. Und beim Güterverkehr schätzen sie den prognostizierten Zuwachs gar um 70 Prozent niedriger ein. Die Planungen aber berücksichtigen „diese veränderte Ausgangslage bei der Ermittlung der notwendigen Streckenkapazitäten und bei der Untersuchung von Alternativen zum Bau der Strecke Nürnberg–Erfurt nicht“, monierte das Umweltbundesamt (UBA) in seiner Stellungnahme.

Die ICE-Trasse, die 8,5 Milliarden Mark kosten und 42 Kilometer durch Tunnel geführt werden soll, ist zu 80 Prozent für den Güterverkehr gedacht. Rudolf Breimeier vom Geschäftsbereich Netz der Deutschen Bahn berichtete den Bundestagsabgeordneten jedoch, daß der Warentransport auf den bereits vorhandenen drei Trassen zwischen den neuen Ländern und Nürnberg schon heute ohne Probleme verdoppelt werden könnte. Das hätten Bahnvertreter auch dem Minister mitgeteilt. Doch der hält an den überholten Daten fest und sieht weiter einen „vordringlichen Bedarf“.

Den Verzicht auf die Trasse oder andere Alternativen ließ Matthias Wissmann nie ernsthaft prüfen. Und nicht einmal die ab 1998 auch beim Intercity zur Verfügung stehende Neigezugtechnik, die engere Kurven und damit eine landschaftsangepaßtere Strecke erlaubt, wurde in die Planungen miteinbezogen, kritisiert das UBA. An den Methoden zur ökologischen Bewertung der Trasse haben die Beamten zudem erhebliche Zweifel. Viele Informationen über die Umweltverträglichkeitsprüfung seien dem UBA nicht zugänglich gewesen. Da das Milliardenprojekt aber noch nicht begonnen wurde, sei das Verfahrensdefizit noch auszugleichen.

„Wir fordern in Übereinstimmung mit dem Umweltbundesamt die Bundesregierung auf, die Dinosaurier-Pläne ad acta zu legen und statt dessen eine intelligente Ausbauplanung der bestehenden Strecken vorzulegen, die kostengünstiger, umweltverträglicher und schneller verfügbar wäre“, sagte der bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Ali Schmidt. Zusammen mit FraktionskollegInnen hat er einen Antrag im Bundestag eingebracht, mit dem alle Haushaltsmittel für die Neubaustrecke Nürnberg–Erfurt gesperrt werden sollen. Statt dessen wollen die Bündnisgrünen die Parallelstrecken optimieren. Annette Jensen

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