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Die Treuhand im Vulkan-Sumpf

Das Bundeskriminalamt sieht Mitschuld der Treuhandanstalt am Verschwinden von 850 Millionen Mark Steuergeldern  ■ Von Joachim Fahrun und Kerstin Schneider

Bremen (taz) – Der Vorstand der Treuhandanstalt (THA) hat sich jahrelang vom Management des Bremer Vulkan (BV) über den Tisch ziehen lassen. Doch aus Gründen der Arbeitsökonomie werde zunächst nur gegen die ehemaligen Vulkan-Manager um Vorstandschef Friedrich Hennemann wegen des Verdachts der Untreue ermittelt, so die Bremer Staatsanwaltschaft. Die wichtigste Anzeige stammt dabei von der Treuhandnachfolgerin BVS selbst: Sie fühlt sich um rund 850 Subventionsmillionen geprellt, die für die ostdeutschen Werften bestimmt waren. Über die zentrale Konzernkasse (Cash-management) soll das Steuergeld in notleidende Westfirmen des Konzerns geflossen sein.

In ihrer Not, die Ostwerften überhaupt zu privatisieren, hat die Treuhand es den Vulkan-Managern bei ihren Deals aber offenbar sehr leicht gemacht. Die Berliner Behörde hatte sogar versäumt, vertraglich festzulegen, wieviel eigenes Geld der Vulkan für Investitionen auf der Stralsunder Volkswerft und der Meerestechnikwerft Wismar (MTW) lockermachen sollte. Eine entsprechende Formulierung finde sich in dem Vertragswerk nicht, heißt es in Akten des Bundeskriminalamtes (BKA).

Bei den Gesprächen, zwischen Treuhand und Vulkan ging es offenbar recht freundschaftlich zu – und zwar nicht erst, seit der Treuhanddirektor Rüdiger Zinken im Oktober 1994 in den Vulkan-Vorstand wechselte, wo er als Finanzvorstand für das zentrale Cash-management verantwortlich war.

Der ehemalige Treuhandanwalt Michael Schütte erinnert sich heute, wie die Treuhandvorstände sich von den Bremern ihre Bedenken gegen das zentrale Cash-management immer wieder ausreden ließen. Die Bremer blockten im August 1992 sogar die Minimalforderung der Treuhand ab, der Konzern möge die Subventionen doch bitte in einem eigenen Cash-management nur für die Ostwerften behalten, um ein Abfließen in den Westen auszuschließen. Die THA wollte zu diesem Punkt eine Klausel in den Vertrag aufnehmen. Auf Wunsch der BV-Vertreter habe die Treuhand dann aber davon abgesehen, zumal die Bremer versicherten, sich an die Absprachen zu halten, so Schütte.

Bei einem späteren Gespräch im März 1994 habe Vulkan-Chef Hennemann den Treuhandvorständen versichert, das Geld für die Ostwerften könne letztlich nicht im Westen landen, weil der BV wesentlich höhere Beträge im Osten investieren müsse. Hennemann behauptete, der Vulkan arbeite lediglich im Schiffbau und bei den Reedereien mit Verlusten, in allen anderen Bereichen jedoch mit Gewinn. Laut Schütte aber warnte ein Treuhandvertreter schon damals, die westdeutschen Konzerntöchter hätten einen Investitionsnachholbedarf von 300 Millionen Mark und der BV erwirtschafte in allen Bereichen Verluste.

Ein weiteres Beispiel für die Nachsicht der Treuhandverantwortlichen mit den Vulkan-Managern: Anfang Dezember 1993 hatte die Treuhand erfahren, daß die MTW Schiffswerft und die Volkswerft erhebliche Geldmittel beim Bremer Vulkan angelegt hatten. Am 20. Dezember forderte sie den Konzern auf, dafür Bankgarantien beizubringen. Darüber hinaus verlangte die THA, daß die Gelder den Ostunternehmen auf Anforderung sofort wieder zur Verfügung gestellt werden müßten. Künftige Geldtransfers von Ost nach West müßten vorher mit der THA abgestimmt werden. Auch die EU-Kommission hatte von den Finanztransaktionen Wind bekommen und verlangte Aufklärung. Die Treuhand setze sich zunächst durch: Bis zur Klärung der EU-Zweifel sollte der Vulkan die bereits ausgezahlten Subventionen von 463 Millionen Mark auf zwei Sperrkonten in Wismar und London parken.

Die Konten wurden am 30. Dezember 1993 eingerichtet, der Vulkan überwies das Geld. Ein halbes Jahr später war der Vulkan aber offenbar wieder in Geldnot und forderte von der Treuhand, die Guthaben auf den Sperrkonten sofort freizugeben. Die Treuhand schlug einen Kompromiß vor. Die Mittel würden freigegeben, wenn der Vulkan einen Zeitplan für Investitionen im Osten vorlege, so der Anwalt. Vulkan-Vorstand Günther Smid lehnte ab und drohte mit rechtlichen Schritten. Wenig später wies die Treuhand ihren Anwalt an, zunächst 220 Millionen vom Sperrkonto freizugeben. Die letzte Tranche vom Sperrkonto der MTW floß dann erst im Oktober 1995 – direkt in den Westen. Auch der Commerzbank wird vorgeworfen, im Vulkan- Komplex lange beide Augen zugedrückt zu haben: Die ehemalige Hausbank des Vulkan soll noch im November 1995 einen Kredit über 70 Millionen Mark gesamtschuldnerisch an den Bremer Vulkan und an die MTW Wismar gegeben und zudem mit Forderungen der MTW an Dritte abgesichert zu haben. Wie die Treuhand hätten auch die Banker seit einem Krisengespräch beim Vulkan im August 1995 wissen müssen, daß der 35-Millionen- Anteil der MTW direkt ins zentrale Cash-management abfloß. Zu allem Überfluß haftet die Osttochter nach dem Konkurs des Vulkan nun für den vollen Kreditbetrag von 70 Mio. Mark.

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