Aus erotischen Nähkästchen

■ Benefitzgala „Love“ zugunsten von „Hamburger Leuchtfeuer“

Schlicht Love! lautete das Motto der Benefiz-Gala zugunsten der Aids-Hilfe-Stiftung Hamburg Leuchtfeuer am Samstag im ausverkauften Schauspielhaus. Liebevoll hatte man sich auf tuntig gestylt, so daß sich noch vor Beginn in den Foyers eine karnevalesk-voyeuristische Partystimmung breitmachte.

Ausgelassene Atmosphäre auch bei der Gala selbst. Moderator Matthias Frings (Liebe Sünde) führte in knallrotem Anzug locker durch die Nacht und prüfte zunächst die Fähigkeiten der simultan agierenden Gebärdensprachdolmetscherin: „Wenn ich zu ihr sage ,blasen', dann macht sie das“ – Jubel im Pub-likum.

Es folgten fünfzehn Programmpunkte, deren gemeinsamer Nenner eher Sex denn Liebe war und sich auffallend häufig spezifizierte in Richtung Schwulsein. Warum ein solcher „Schwulenzentrismus“ im Aids-Benefiz-Genre überhaupt sein muß, ist eine andere Frage. Aber ein schwuler Männerchor ist da schon obligatorisch.

Eindrucksvoller aber etwa die Horde verkniffen-erotisierter „Sekretärinnen“, die unter Lustgeschrei einen Pseudo-Eros-Ramaz-zotti entkleideten. Daneben plauderte Lilo Wanders aus ihrem erotischen Nähkästchen, Max Raabe berührte mit kühler 30er-Jahre-Perfektion, und Thomas Herrmanns lieferte eine pointensichere Stand-up-Comedy.

Weniger Erfreuliches gab es kaum, höchstens die langweiligen Cover-Songs der Schauspielhaus-Band Von den Socken oder das kitschig-schlagereske „Liebeslied“ von Karl-Heinz Wellerdiek. Echte Glanzlichter hingegen bei Ausschnitten aus der klamaukigen Schmidt-Show „Wetten, das ist Frau Witten?“ und den Songs des Thalia-“Time Rockers“. Beeindruckend auch die Ballettimprovisation Ismael Ivos, der derwischartig tänzelte und eine Exkursion ins Publikum unternahm und von diesem verdientermaßen stürmisch gefeiert wurde.

Zum Finale sollte es rote Rosen regnen und Standing ovations geben. In das Schlußlied „That's What Friends Are For“ wird auch Hamburg Leuchtfeuer einstimmen können, wenn die erwarteten 100.000 Mark Erlös tatsächlich eingenommen werden. Dafür sorgten im Anschluß noch Versteigerungen von Theaterkostümen und Comics (natürlich von Ralf K.). Aber auch das Schauspielhaus profitiert, denn mit dieser Liebesgala hat es sich beliebt gemacht.

Christian Schuldt