: Hamburger gewissenlos
■ Grüner Punkt: Umweltbehörde und Duales System prügeln aufeinander ein
Kaum eine Gelegenheit, die Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt ausläßt, um der Öffentlichkeit seinen Joghurtbecher aufzutischen. „Ökonomischer und ökologischer Unsinn“ sei es, wird „Feuer-Fritze“ nicht müde zu wiederholen, das Plastikgefäß erst auszuspülen, dann „hunderte Kilometer zu transportieren“, um es schließlich „in einem Stahlwerk zu verbrennen“. Da sei es schon besser, die Becher gleich in dem im Bau befindlichen „Müllkraftwerk“ am Rugenberger Damm zu verfeuern.
Gunnar Sohn, Pressesprecher des Dualen Systems Deutschland (DSD), bringen solche Ausführungen auf die Palme. Mit einer Unmenge von Studien versucht der Mann zu belegen, daß jede Form der Wiederverwertung von Plastikverpackungen umweltfreundlicher sei als „des Senators Pyromanie“. Der wolle, schimpft Sohn auf Gevatter Vahrenholt, doch „nur seine überflüssige neue Müllverbrennungsanlage voll bekommen“.
Am meisten ärgert Sohn aber, daß Vahrenholts flammende Reden Erfolg zu haben scheinen. Eine im DSD-Auftrag gemachte Umfrage des Allensbach-Institutes belegt: Nirgendwo in der Republik halten sich weniger BürgerInnen für sehr gewissenhafte MüllsortiererInnen als in Hamburg. Verleihen sich in Brandenburg und Thüringen immerhin 24 Prozent der Befragten das Prädikat „sehr gewissenhaft“, in Berlin noch immerhin 12 Prozent, so ordnen sich in der Hansestadt nur läppische 3 Prozent in die höchste Sortierklasse ein.
16 Prozent der Hamburger Befragten hingegen bezeichneten sich als „sorglose Nichtsortierer“ – auch das ist bundesdeutscher Rekord. Für Gunnar Sohn einzig und allein eine „Folge der Vahrenholtschen Verbrennungspropaganda“, die dieser „wider besseres Wissen“ betreibe.
Vahrenholts Lautsprecher Kai Fabig hingegen wirft dem Dualen System vor, mit einer „methodisch unhaltbaren Auftrags-Umfrage Schwachsinn hoch drei in die Öffentlichkeit zu blasen“. Statt harter Fakten würde das Duale System nur „fragwürdige Selbsteinschätzungen“ präsentieren, die „nichts darüber aussagen, „ob der Befragte seinen Abfall gut trennt“. Seine Kritik an der Umfrage bringt Fabig auf einen knappen Nenner: „Totaler Müll“. Marco Carini
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