piwik no script img

Als wir Samba lernten

■ 1986 war ein Jahr im Gründungsfieber: taz, Confusão, Modernes, Blaumeier und belladonna werden jetzt Zehn

Irgendwie muß das Gründungsfieber in diesem Jahr in der Luft gelegen haben. Außer der Bremer taz waren es noch eine Reihe anderer Gruppen, die 1986 Ernst gemacht haben.

Zur damaligen Breminale zogen an die zwanzig trommelnde BremerInnen im Sambarhythmus durch den Schnoor und erhielten von begeisterten brasilianischen Seeleuten auf Durchreise den Namen „Confusão“. Seitdem fehlte der Sambarhythmus auf keiner besseren Demo der Stadt, und schnell war der „Bremer Karneval“ geboren, zu dem nun schon seit vielen Jahren Samba-Gruppen aus dem ganzen Bundesgebiet kommen und dem kühlen Bremen einheizen. „Confusão“ entwickelte vor allem mit den Klangkompositionen von Willy Daum einen eigenen Stil zwischen traditionellem brasilianischem Samba und den eigenen norddeutschen Wurzeln. Erst nach zehn Jahren, im vergangenen Sommer, flog die Gruppe mit Kind und Kegel nach Brasilien. Was sie von dort Neues mitgebracht hat, wird uns vielleicht die nächsten zehn Jahre zum Tanzen bringen.

Aus dem alten „Pam-Kino“ in der Neustadt machten im gleichen Jahr Heiner Hellmann und Edu Woltersdorf das erste Bremer Verzehrkino, heute als „Modernes“ bekannt. Mit dem „Orchester Gnadenlos“ eröffneten sie damals ihren Konzertbetrieb und lüfteten zum ersten Mal seit dem Wiederaufbau 1953 die Kuppel an der Decke des alten Kinos.

Als neues Veranstaltungsmagazin erschien damals das „Mix“ in einer Kooperation mit dem Cinema und dem Kommunalkino.

Im Waller Westen gründeten Kunststudenten und ehemalige Psychiatriepatienten aus der Klinik Kloster Blankenburg das „Atelier Blaumeier“. Mit der ersten „Blauen Karawane“ hatte das Experiment begonnen, das Bremen seitdem immer wieder kulturelle Höhepunkte beschert: Verrückte und Normale, Ärzte und KünstlerInnen inszenieren zusammen Theaterstücke, veranstalten Maskenspektakel auf den Plätzen der Stadt und zeigen Kunstwerke in Galerien – bis 16.10. wieder in der Pro Art Galerie am Neustädter Bahnhof.

Workshops im Leitungsmanagement sind zehn Jahre später der Renner im Frauenbildungszentrum „belladonna“. Nach ihrem Studium hatten Studentinnen des ersten Frauenprojektes an der Bremer Uni aus ihrer Vision Nägel mit Köpfen gemacht, und eine Käuferinnengemeinschaft hatte ein Haus in der Sonnenstraße gekauft.Dort steht heute das größte Pressearchiv zu Frauenthemen im deutschsprachigen Raum und die feministische Geschichtswerkstatt bietet alle zwei Wochen Stadtrundgänge aus Frauensicht an. Vera Kuenzer, demnächst: Dozentin an der University of Transkei, Umtata

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen