: Die weltweite Korruption ist der große Buhmann
■ Einige Länder fürchten, daß Kredite künftig von politischem Wohlverhalten abhängen. Weltbank-Präsident Wolfensohn verspricht aber Kundenorientierung
Washington (taz) – IWF und Weltbank haben ein neues Betätigungsfeld gefunden: den Kampf gegen Korruption. In ihren Reden vor der Gouverneursversammlung der beiden Bretton-Woods-Organisationen – so genannt nach ihrem Gründungsort – bezeichneten sowohl Weltbank-Präsident James Wolfensohn als auch IWF-Direktor Michel Camdessus den Kampf gegen Korruption als eine der wichtigen Aufgaben. „Das Krebsgeschwür Korruption“ lenke finanzielle Ressourcen von den Armen zu den Reichen und schrecke ausländische Investoren ab, begründete Wolfensohn die Notwendigkeit der neuen Kampagne. Auch US-Vizepräsident Al Gore, der in seiner Rede Wolfensohn ausdrücklich lobte, wies auf die Bedeutung „guter Regierungsführung“ für die Entwicklung armer Länder hin.
Sogleich hörte man am Rande der Konferenz Zweifel aus mehreren afrikanischen und asiatischen Ländern. Deren Regierungen befürchten, daß Weltbank und IWF ihre Kredite künftig nicht nur von wirtschaftlichem, sondern auch von politischem Wohlverhalten der Empfängerstaaten abhängig machen. Dies sei eine heimliche Ausweitung des Mandats der beiden Organisationen.
Camdessus nannte als weitere Hauptaufgabe in der nächsten Zeit, die Stabilität des Bankensystems durch bessere Überwachung zu erhöhen. Sein Ton war insgesamt optimistisch – die Weltwirtschaft sei auf dem Weg, sich zu erholen.
Wolfensohn, der bei seiner ersten Jahresversammlung als Weltbankpräsident im vergangenen Herbst noch voll überschäumender Energie seine Ziele propagiert hatte, machte jetzt einen erschöpften Eindruck. Seit einiger Zeit leidet er an einer streßbedingten halbseitigen Gesichtslähmung.
Dennoch äußerte er sich zufrieden über das Erreichte. Er habe die Schuldeninitiative auf die Gleise gesetzt. Er habe Geld von Geberländern eingesammelt für IDA, die Weltbanktochter, die fast zinsfreie Kredite an die ärmsten Länder vergibt. Er habe die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen wie auch mit den regierungsunabhängigen Organisationen verbessert. Er habe Investitionen des Privatsektors in die Entwicklungländer gefördert. Und er habe die „interne Kultur“ der Weltbank zu reformieren begonnen.
Letzteres scheint noch nicht zu seiner Zufriedenheit geschehen zu sein. Als Priorität für sein zweites Amtsjahr sieht er jedenfalls verstärkte Anstrengungen, die Mitarbeiter der Bank dazu zu bringen, sich mehr an ihren Kunden zu orientieren. Die armen und benachteiligten Menschen, das habe er gelernt, „wollen nicht belehrt werden. Sie wollen, daß man ihnen zuhört.“ Armutsbekämpfung stehe nach wie vor im Zentrum der Bankaktivitäten. Das Wort Umweltschutz übrigens kam in der Rede des Weltbankpräsidenten, wie auch schon im Vorjahr, nicht vor. Nicola Liebert.
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