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Blindhuhn gegen Blindfisch

■ Auf der Alm, da gab's koa Sünd' / Werder verliert höchstpeinlich in Bielefeld 1:3

Zwei Mannschaften ohne Rezept verderben den Fußballbrei und so teilte der mitgereiste Werder-Fan den Frust mit Werder-Torwart Oliver Reck, der seine eindrucksvollste Leistung erst nach dem Abpfiff zeigte, als er sich den an allem unschuldigen Spielball schnappte und mit einem gewaltigen Kick über die neuerbaute Tribüne ins Bielefelder Nirwana jagte. Nirwana, laut Fremdwörterbuch: „Erlöschen aller Lebenstriebe, selige Ruhe nach dem Tode (von den Heiligen schon im Diesseits erreicht)“. Nach dieser Definition bestand die Werder-Mannschaft aus elf Heiligen, deren Fußballtrieb erloschen und die die selige Ruhe schon auf dem Spielfeld erreicht hatten.

Dabei war es in dieser Saison noch nie leichter, Auswärtspunkte an die Weser mitzubringen, denn die Arminia präsentierte sich völlig verunsichert, verkrampft, systemlos. Der spielstärkste Aufsteiger hat ohne den erfahrenen Spielmacher von Heesen und den routinierten Torjäger Fritz Walter nicht nur an Durchschnittsalter, sondern auch an Linie verloren. Das können auch die Verpflichtungen von Stefan Kuntz und ganz aktuell von Uwe Fuchs und Stefan Breitkreuz nicht ausgleichen.

Vor allem die Abwehr – ein Stein macht noch keine Mauer – ist Bielefelds Schwachstelle. Und wer weiß, wie bitter es für Arminia hätte werden können, wenn Labbadias einwandfreies Frühtor nicht wegen angeblichen Foulspiels abgepfiffen worden wäre und Brandt bestfreistehend zum Ausgleich und nicht nur den Pfosten getroffen hätte. Doch „wäre“ und „hätte“ haben noch nie ein Fußballspiel entschieden.

Unkonzentriert, das war der durchgängige Zustand der Männer in den todschicken dunkelblauen Auswärtstrikots. Eilts mit vielen Abspielfehlern, Bode vor allem in der zweiten Halbzeit orientierungslos, Wolter fast wie ein Fremdkörper, Herzog in Gedanken noch beim Bayern-Schlachtfest, der Rest ebenfalls unterdurchschnittlich und alle zusammen irgendwie beleidigt, daß nicht jeden Samstag Bayern kommt, sondern daß man sich zwischendurch auch mit Schlußlichtern und Minus-Mannschaften abgeben muß. Aber: wer im UEFA-Cup mitspielen will, der muß mindestens 13 Mannschaften hinter sich lassen, und jeden Samstag gegen eine besser plazierte Mannschaft spielen zu dürfen, dieses Privileg genießt nur ein permanentes Schlußlicht.

Werder war meist überlegen, aber leider nicht überzeugend, hatte die besseren Chancen und wirkte trotzdem merkwürdig chancenlos. Unser Vorschlag für alle, die ihr Geld gern sinnvoll anlegen: Spart euch die Fahrt mit Werder zu Schlußlichtern, spart für die Spiele gegen Tabellenführer.

Otmar Willi Weber Moderator bei Radio Bremen 2

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