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Nach der IRA-Bombe zittert Nordirland wieder

■ Untergrundorganisation macht britische Regierung für Attentat verantwortlich. Probritische Loyalisten beraten hinter verschlossenen Türen über ihre Strategie

Berlin (taz) – Also doch die IRA. Was vorgestern nach dem Anschlag auf die größte Kaserne der britischen Armee in Nordirland noch Spekulation war, wurde abends zur Gewißheit: Die Irisch- Republikanische Armee bekannte sich in einem Telefonanruf beim irischen Fernsehen RTE zu der Tat, der erste Bekenneranruf einer Splittergruppe war falsch.

Die beiden Bomben seien gegen das Armeepersonal gerichtet gewesen, und man bedauere, daß dabei elf Zivilisten verletzt worden seien. Die Verantwortung liege „allein bei der britischen Regierung“, die eine „historische Gelegenheit“ für eine politische Lösung des Konflikts verstreichen ließ. Acht der 31 Verletzten liegen noch im Krankenhaus, ein Soldat schwebt in Lebensgefahr.

Die IRA bestreitet, daß sie die loyalistischen Organisationen mit dem Anschlag provozieren wolle. Im Gegensatz zur IRA, die im Februar den Waffenstillstand aufgekündigt und mehrere Bomben in London gelegt hat, ruhen die Waffen der Loyalisten nach wie vor. Allerdings wird intern heftig um dieses Thema gerangelt. Gestern gab es eine Reihe von geheimen Treffen der Loyalisten, ein Ergebnis wurde bisher nicht bekannt.

Die meisten Politiker rechnen mit einer mörderischen Anschlagserie, die wohl auch nach Südirland überschwappen wird. Anthony Lake, der Sicherheitsberater von US-Präsident Bill Clinton, ist dagegen weiter optimistisch. Es gebe noch Hoffnung, sagte er, und das Weiße Haus werde den Kontakt zu Gerry Adams aufrecht erhalten. Die britische Regierung hat unterdessen eine Untersuchung eingeleitet, um herauszufinden, wie es zu „der größten Sicherheitspanne der vergangenen 25 Jahre“ kommen konnte. Mit der Leitung wurde General Rupert Smith beauftragt, der frühere Kommandant der UN-Friedenstruppen in Bosnien. Vermutlich hat die IRA gestohlene oder gefälschte Pässe benutzt, um in die schwerbewachte Thiepval-Kaserne zu gelangen.

Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams sagte gestern, der Anschlag unterstreiche die Dringlichkeit intensiver Verhandlungen. Die nordirischen Mehrparteiengespräche, die seit Juni über ein Gerangel um die Tagesordnung nicht hinausgekommen sind, wurden erst mal vertagt. Der Vorsitzende, Ex-US-Senator George Mitchell, ist nach Hause geflogen, weil er auf einen Job in Bill Clintons neuer Regierung hofft. Zweifellos eine dankbarere Aufgabe als die des Friedensengels in Nordirland. Ralf Sotscheck

Kommentar Seite 10

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