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Ära der Selbstverwaltung beendet

■ Hamburger Filmbüro: Nach 16 Jahren Filmförderung und 576 Filmen ein ehrenamtlicher Verein

„Phantasie läßt sich nicht verwalten. Der deutsche Film der 80er Jahre kann nicht von Gremien, Anstalten und Interessengruppen so wie bisher fremdbestimmt werden“, stellten deutsche Filmemacherinnen und -macher am 22. September 1979 in der „Hamburger Erklärung“ fest und forderten den Aufbruch in neue Zeiten: „Wir müssen uns auf die Socken machen.“ Kurz darauf strömten 40.000 Menschen zum 1. Hamburger „Filmfest der Filmemacher“.

So begann vor 16 Jahren die Geschichte des „Hamburger Modells“, das beispielhaft in der Filmförderung der Bundesrepublik wurde. Heute abend wird mit einer kleinen Feier im Metropolis die Ära der selbstverwalteten kulturellen Förderung durch das Filmbüro enden. „Jetzt sage ich dazu gar nichts“, bemerkte Reinhard Hinrichs, Vorsitzender des Vereins Filmbüro, gestern knapp. Denn klar ist derzeit nur, daß ab dem 1. Juni 1995 die neue staatliche Filmförder-GmbH mit dem Förderetat von jährlich 16 Millionen Mark, der bis 1994 von Filmbüro und Filmfonds vergeben wurde, die Hamburger Filmproduktions-Landschaft finanziell fürs kommende Jahrtausend befruchten soll. Aber wie die GmbH das erreichen will, ist unklar, noch gibt es weder Förderrichtlinien noch Gremien.

Wie der designierte Aufsichtsrat der Förder-GmbH, die am 1. Juni oder früher ihre Arbeit aufnehmen will, gestern beschloß, wird Hinrichs zusammen mit Eva Hubert vom Filmfonds die Interims-Geschäftsführung übernehmen, bis der oder die richtige Führungskraft gefunden ist. Noch hofft die Kulturbehörde auf eine Zusage des ehemaligen Filmbüro- und Filmfonds-Chefs Dieter Kosslik, der zur Zeit die Filmstiftung Nordrhein-Westfalen leitet.

Die neue Staats-GmbH wird sich an den Ergebnissen der Filmförderung durch das Filmbüro messen lassen müssen. Schließlich kann sich die Bilanz nach 15 Jahren kultureller Filmförderung, seit 1982 flankiert durch die wirtschaftliche Filmförderung des Filmfonds, sehen lassen: 164 Spielfilme, 207 Dokumentarfilme, 96 Experimentalfilme, 73 Kurzspielfilme und 36 Animationsfilme, insgesamt 576 Werke wurden von 1980 bis 1994 mit insgesamt 58,2 Millionen Mark gefördert. 192 Regisseurinnen und 384 Regisseure konnten ihre Projekte verwirklichen, zum Teil mit großem Erfolg, abzulesen an 28 Bundesfilmpreisen und zahlreichen Einladungen zu den Festivals in Berlin, Cannes und Venedig.

Detlef Buck, Jochen Kuhn, Hermine Hundgeburth, Jan Schütte, Monika Treut, Tevfik Baser, Pia Frankenberg – die Liste der geförderten Talente, die sich in der Branche etabliert haben, läßt sich fortsetzen. Ob Querdenker künftig in einem Klima, das um den „wirtschaftlich erfolgreichen“ Film zirkuliert, weiter Chancen bekommen?

Das 1988 gegründete Europäische Filmbüro EFDO, das 1989 aus einem Modellversuch entstandene Vetriebskontor und auch das 1993 eröffnete Medienzentrum Zeise-Hallen wuchsen auf den Aktivitäten des gut 150 Mitglieder zählenden Vereins. Nun sollen die Mitarbeiter des Filmbüros zunächst in die Förder-GmbH übernommen werden. Die Verwaltung der Zeise-Hallen, der Mietvertrag gilt bis 2018, will der Verein abgeben. Weiterhin aber bleibt das Filmbüro an Filmhaus, Filmfest und Zeise-Kinos beteiligt. Droht nun die Marginalisierung der Selbstorganisation der Filmemacher? Filmbüro-Geschäftsführer Torsten Teichert winkt ab, denn „die wirkliche Debatte um die Filmförderung steht uns noch bevor.“ jkn

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