: „Helfer, keine falschen Freunde“
■ Bürgerschaftsdebatte um Polizeiskandal / CDU fordert Vertrauen, SPD und GAL setzen auf Aufklärung und Neuanfang Von Kai von Appen
Eine Reorganisation der inneren Führung der Polizei hat Innensenator Hartmut Wrocklage gestern in der Bürgerschaftsdebatte um den Polizeiskandal angekündigt. Wrocklage: „Das Grundproblem ist das interne Kommunikationssystem.“
Der Innensenator erhoffte sich – im Interesse der Polizei – eine „rückhaltlose Aufklärung der Vorwurfslage“ durch die Staatsanwaltschaft und den PUA Polizei. Es gehe nicht nur darum, der Polizei das Vertrauen auszusprechen, sondern es müsse auch verlorengegangenes Vertrauen wiederhergestellt werden. Große Hoffnung setzt der Senator in diesem Zusammenhang auf die vom Senat beschlossene Wiedereinführung einer PolizeipräsidentIn.
Auslöser der Debatte war die CDU, die unter dem Motto „Die Polizei verdient Vertrauen“ der in Verruf geratenen Ordnungsmacht mit einer generellen Ehrenerklärung wieder Mut machen wollte. „Es bietet sich das Bild der Scheißbullen, wie es einige gerne haben möchten“, kritisierte Polizei-Hardliner Karl-Heinz Ehlers und stellte klar: „Pauschale Anschuldigungen sind unfair und nicht gerechtfertigt.“ Der CDU-Politiker warf dem Parlament vor, die Polizei auszugrenzen, indem von „Prügelpolizisten“ geredet oder der Polizei „Corpsgeist“ vorgeworfen werde. Ehlers' Appell: „Die Polizei braucht unsere Hilfe, daß es keine Kollektivschuld der Polizei gibt.“
SPD-Sprecher Holger Christier verweigerte für die Sozialdemokraten die Abgabe einer generellen Ehrenerklärung. Schließlich handele es sich bei den Vorfällen nicht um Übergriffe „einiger schwarzer Schafe“, sondern um strukturelle Übergriffe in einer „ungeklärten Grauzone“.
GALier Manfred Mahr ging noch einen Schritt weiter und machte die Struktur des Polizeiapparats für Übergriffe auf Ausländer verantwortlich. „Kontrolle und Dienstaufsicht haben versagt“, die bekannt gewordenen Übergriffe hätten sich auf jedem Revier ereignen können. Mahr: „Die Menschen unserer Stadt dürfen erwarten, daß Polizisten ihren Kollegen Einhalt gebieten, wenn diese Festgenommene in menschenverachtender Weise behandeln.“ Sein Resüme: „Vertrauen in die Polizei kann nicht angeordnet werden, Vertrauen muß sich die Polizei verdienen.“ GALierin Sabine Boehlich stellte klar, daß selbst miserabelste Arbeitsbedingungen keine Rechtfertigung dafür seien, daß Afrikaner geschlagen oder in der Zelle mit Insektenspray eingesprüht würden. Auch Boehlich hofft auf einen Neuanfang, der durch die rückhaltlose Aufklärung des Polizeiskandals ermöglicht würde. Die GALierin an die Adresse der CDU: „Die Polizei braucht Helfer, aber keine falschen Freunde.“
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