■ Kommentar: Normalerweise nicht
Wer eine Sache beschädigt oder zerstört, heißt es im mehr als 100 Jahre alten Strafgesetzbuch, erhält eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Wer nun gleich zehn Sachen – zumal Autos und „ordnungsgemäß abgestellte“ obendrein – beschädigt, kommt ins Gefängnis. Allerdings nicht normalerweise.
Der Strafrahmen „bis zu zwei Jahren“ ermöglicht die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung. Diese Möglichkeit wird in der Regel, auch von Hamburger Gerichten, bei bislang unbestraften Tätern genutzt. Zumal das Gefälle bei der Beurteilung von Eigentums- und Gewaltdelikten seit langem und gerade wieder in allen politischen Lagern diskutiert wird. Und selbst die Bundesregierung eine Strafrechtsreform anstrebt, die die bisherige Gewichtung verändert.
Bislang nämlich stellt das Strafgesetzbuch den Schutz von Eigentum bei der Strafzumessung weit über den der körperlichen Integrität. Wer einen anderen mißhandelt, wird wegen Körperverletzung mit bis zu drei Jahren Haft bestraft. Die Höchststrafe für Diebstahl beträgt hingegen fünf Jahre; auch der Versuch ist – im Gegensatz zu einer versuchten Körperverletzung – strafbar. Der Deutsche Richterbund begrüßt die beabsichtigten Veränderungen als „überfällig“, meint jedoch, daß viele Richter die notwendige Reform bei der Strafzumessung für entsprechende Delikte bereits vorweggenommen hätten.
Ausnahmen bestätigen die Regel? Während Agnes B. für zweieinhalb Jahre hinter Gitter soll, wurden zwei Vergewaltiger unlängst in Hamburg zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Stefanie Winter
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