: Haste ma 'nen Reichert?
■ Voscherau hat volle Unterstützung der Statt Partei für Anti-Bettler-Gesetze
Im sozialpolitischen Richtungsstreit der SPD hat die Statt Partei sich gestern auf die Seite des Bürgermeisters Henning Voscherau geschlagen. Bei den geplanten Anti-Bettler-Gesetzen unterstützen die Grauen „voll die Bemühungen des Ersten Bürgermeisters“ um eine „saubere Stadt“, so Gruppensprecher Achim Reichert.
Die empörten Einwände von SPD-Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel zu der Senatsdrucksache Maßnahmen gegen die drohende Unwirtlichkeit der Städte seien „polemisch“, greift Reichert fast wörtlich auf, was Voscherau vorgestern an die SPD-Bürgerschaftsfraktion schrieb. Und versichert dann eilfertig: „Ich bin nicht der Pressesprecher des Bürgermeisters.“ Er versteht sich eher als Vermittler zwischen den verhärteten SPD-Fronten. Das Thema sei bisher „viel zu emotional“ behandelt worden. Statt Partei wolle jetzt für eine „Versachlichung“ sorgen.
Sachlich aber kennt Reichert sich nur mäßig aus. Vor der Presseerklärung gestern morgen telefonierte der Statt-Gruppenchef in den Behörden herum, um sich überhaupt erst einmal über die ungefähre Sachlage zu informieren. „Es stellt sich doch die Frage, warum diese Bettler, die ja meist Sozialhilfe beziehen, mit ihrem Geld nicht auskommen“, so Reichert. Da hätte er sich an die Macherinnen des Straßenmagazins Hinz & Kunzt wenden können. „Wenn man mit 500 Mark auf der Straße überleben will, ist das nicht sehr viel“, weiß Redakteurin Verena Schmidt. Selbst ohne Alkoholabhängigkeit.
„Ich will keine bettlerfreie Innenstadt“, sagte Reichert. Aber er habe „das Gefühl“, daß einige Gesetze „präzisiert“ werden müßten. Der von Statt Partei entsandte Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem (parteilos) hält jedoch von den Anti-Bettler-Gesetzen nichts. Weder im Senat noch in der Partei oder der Bürgerschaft hat Vosche-rau eine Mehrheit für die „Unwirtlichkeits“-Drucksache. Für den 23. Oktober will die GAL das Thema zur Aktuellen Stunde der Bürgerschaft anmelden. Silke Mertins
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen