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Zensierte Knast-Pinnwand

■ Neue Zeitung der Insassen von Fuhlsbüttel I

Blind soll alles andere als blind sein, sondern gerade „den Blick nach draußen“ öffnen. Die neue Zeitung der Insassen der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel I kreist um den Knastalltag. Und so begrenzt das Leben hinter Mauern und der Kontakt nach außen sind, so begrenzt kann auch nur die in Blind behandelte Thematik sein. Neben Verhaltenstips zum „Überleben im Knast“ und einem Ratgeber „Deine Rechte, Deine Pflichten“ stehen die Ankündigung von Kulturveranstaltungen, die Werbung für eine Schachgruppe und für den Gefangenenchor – mithin eine Knastpinnwand in Zeitungsform.

Nur zögerlich boomt in Hamburgs Gefängnissen der Zeitungsmarkt. Neben der Blind, veröffentlicht in der JVA für Kurzstrafen, gibt es nur noch den Blickpunkt der Langzeitgefangenen in Santa Fu. Auch das Kultur-Team, Herausgeber der neuen Hauspostille, gibt sich selbst keine günstige Zukunftsprognose: „Wir laufen schon jetzt Gefahr, daß die erste Ausgabe der Blind auch die letzte sein wird“ entmutigt das Vorwort. Denn die Justizbehörde drehe die Finanzschraube immer weiter runter, was produktive Arbeit fast unmöglich mache.

Mit dem Vorwort erschöpfen sich bereits die kritischen Töne der Knackis. Zwar sei eine oppositionelle Stellung schon durch die Situation gegeben. „Trotzdem wollen wir nicht als Protestblatt verstanden werden“, schicken die Herausgeber ihrer Erstausgabe vorweg. So ist schief gewickelt, wer ein politisches Blättchen vermutet, in dem Haftbedingungen diskutiert und Vorschläge zu deren Verbesserung veröffentlicht werden.

Den Grund dafür liefert Blind selbst gleich mit: Die Zeitung sei „zensiert und abhängig“: „Wer die Verantwortung für die veröffentlichten Artikel und deren Inhalt trägt, ist auf Grund der Zensur und der Abhängigkeit von der Anstaltsleitung unklar.“

Elke Spanner

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