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„Farbige“ als Mieter unerwünscht

Rassistische Wohnungsvermittlung: Der Winterhuder „Info-Service“ erfüllt Vermietern auch Wünsche der unangenehmsten Art  ■ Von Marco Carini

„Keine Farbigen“ und „deutschsprechend“: Die Angebote des Winterhuder „Info-Service für Wohnungssuchende“ lesen sich oft wie der Kleinanzeigenteil der Deutschen Nationalzeitung. „Die Vermieter stellen die Bedingungen“, rechtfertigt Info-Service-Chef Herbert Thormählen die häufig wiederkehrenden rassistischen Formulierungen in den Anzeigen seines Wohnungsdienstes.

Zwar habe er manchmal „schon Probleme“ mit den speziellen Wünschen seiner Kunden, doch Ausländerfeindlichkeit mag sich Thormählen nicht unterstellen lassen: „Wir fragen den Anbieter, ob er bestimmte Vorstellungen hat, an wen er vermieten will.“ Oft würden so vor allem Tierhalter und Arbeitslose durch die Maschen fallen. Aber, so Thormählen, „wenn jemand ausdrücklich auch gerne an Ausländer vermietet, schreiben wir das natürlich auch“.

Das offene Wort hat für Thormählen auch Vorteile: „Wir bewahren die farbigen Wohnungssuchenden so davor, völlig umsonst eine Wohnung zu besichtigen, die der Eigentümer an sie nie vermieten würde“, weiß der Wohnungsvermittler. Die meisten farbigen Kunden hätten deshalb für die Rassismen „durchaus Verständnis“. Allerdings legt Thormählen, dessen courtagefreie Angebote für eine Jahresgebühr von 200 Mark per Telefon oder Fax abgerufen werden können, Wert darauf, daß die Diskriminierung „nur unseren begrenzten Kundenkreis“ von knapp 200 Infodienst-Wohnungssuchenden erreicht: „Wenn ich im Avis inseriere, sehen die Anzeigen ganz anders aus.“

Beim Info-Service aber, der im kommenden Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feiert, sind der ethnischen und religiösen Diskriminierung offenbar keine Grenzen gesetzt. Ein Wohnungssuchender (Name d. Red. bekannt) machte Ende September die Probe aufs Exempel. Gegenüber dem Infoservice gab er sich als Vermieter aus, der ausdrücklich „keine Juden“ in seinen Wohnungen wünsche. In seiner Eidesstattlichen Erklärung, die der taz vorliegt, beschreibt er ein Telefonat mit einer Mitarbeiterin des Info-Service: Auf die Frage, ob eine entsprechende Einschränkung in den Anzeigentext mit aufgenommen werden könnte, erhielt er die Antwort: „Das kriegen wir schon hin.“ Zudem, wußte die Frau den angeblichen Vermieter zu beruhigen, habe die Vermittlungsorganisation in ihrem „Kundenkreis nur einen Juden“.

Für Info-Service-Chef Herbert Thormählen ist dieser Vorfall „ein peinlicher Ausrutscher, der sich mit unserer Geschäftspolitik nicht deckt“. Denn über den Zusatz „keine Farbigen“ hinaus sei er nicht zu weiteren Diskriminierungen bereit: „Wenn ein Vermieter mich bitten würde, Polen oder Juden per Anzeigentext auszuschließen“, versichert er, „würde ich das nicht machen“. Denn, so Thormählen, eines sei ganz klar: „Irgendwo muß ja eine Grenze sein“.

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