Kompromiß in Nordirland

■ Bei Allparteiengesprächen soll künftig nicht nur über Waffen geredet werden

Dublin (taz) – Es sei ein Durchbruch erzielt worden, hieß es in Nordirland gestern früh nach einer siebenstündigen Marathonsitzung am Runden Tisch. Die katholischen Sozialdemokraten (SDLP) und die gemäßigte Ulster Unionist Party (UUP) haben sich auf einen Kompromiß geeinigt. Seit Beginn der Gespräche vor vier Monaten hatte man lediglich um die Ausmusterung der illegalen Waffen auf beiden Seiten gestritten. Künftig soll darüber parallel zu den politischen Verhandlungen geredet werden.

Der Kompromiß zielt auf die loyalistischen Terrororganisationen ab. Falls um Sinn Féins Platz am Runden Tisch debattiert werden sollte, werde die UUP weitaus schärfere Vorbedingungen in bezug auf die IRA-Waffen stellen, sickerte gestern durch.

Der Waffenstillstand der Loyalisten scheint vorerst nicht in Gefahr. Nach einem Besuch im Gefängnis Long Kesh bei Belfast gab eine Delegation führender Loyalisten bekannt, daß die loyalistischen Gefangenen „die Zurückhaltung des Oberkommandos“ voll unterstützten. Deren Sprecher fügte hinzu: „Es gibt andere Wege, um die IRA zu besiegen.“ Nachdem die IRA vor neun Tagen einen Bombenanschlag auf die größte britische Kaserne in Lisburn verübt hatte, gab es vier Tage später Bombenalarm in Dublin: Loyalisten hatten einen Koffer vor der Zentralbank deponiert und eine telefonische Warnung durchgegeben. Zum Glück entpuppte sich die Bombe als Attrappe.

Wieviel der Kompromiß von vorletzter Nacht wert ist, deutete sich bereits gestern an. SDLP-Chef John Hume sagte: „Über keinen Punkt herrscht Einigkeit, aber wir werden nun ernsthaft diskutieren.“ Die UUP erklärte, die Partei habe dafür gesorgt, daß die Ausmusterung der Waffen Vorrang vor allen anderen Punkten habe. Ian Paisley von den demokratischen Unionisten meinte dagegen, er sei erschüttert, daß die Frage der Ausmusterung hintangestellt worden sei. Ralf Sotscheck