piwik no script img

Verschwörung Weltmarkt

■ Sket – ein industrieller Kern ist am Ende

Ernst Thälmann ist am Ende. Sieben Jahre nach dem Fall der Mauer ist das traditionsreiche Schwermaschinenkombinat „Ernst Thälmann“ (Sket) in Magdeburg entgültig pleite. Damit hat sich wieder einer der vom Kanzler einst ausgezeichneten industriellen Kerne als hohl erwiesen.

Das Ende kam plötzlich, wenn auch nicht überraschend. Sket war in den vergangenen Jahren auf ein Zehntel seiner früheren Größe verkleinert worden. Der Kanzler mochte noch in den vergangenen Tagen Parolen ausgeben, soviel er wollte. Weil aus Bonn nur Worte, aber keine Aufträge kamen, konnte auch seine Intervention dem Unternehmen nicht mehr helfen.

Maschinenbauer wie Sket können auf den Weltmärkten nur als sogenannte Systemführer überleben. Das heißt, der Konzern sichert sich einen Großauftrag, managt die Baustelle, baut einige Teile der bestellten Anlage selbst und sorgt dafür, daß kleinere Spezialfirmen den Rest erledigen.

Diese Art von Aufträgen aber blieb Sket versagt. Die Ostmärkte waren zusammengebrochen, auf den westlichen Märkten tauchte der Konzern 1990 als Neuling auf und hatte es gegen die alteingesessene Konkurrenz besonders schwer. Sket verfügte eben nicht über das internationale Netz an Zulieferern, die man für einen Erfolg braucht.

Auch die Zerschlagung von Sket, mit der die Treuhand auf dieses Dilemma reagierte, konnte den Untergang nicht aufhalten. Denn genau wie dem großen Sket die gewachsene Schar an qualifizierten Zulieferern fehlte, hatten die vielen kleinen Sket-Töchter keine Chance, als Subunternehmen an den Aufträgen der anderen Großen teilzuhaben. Die Claims waren abgesteckt.

Intrigen kamen dazu. Genüßlich brachte die westliche Konkurrenz Informationen über die Probleme in Magdeburg unter die Leute. Doch Sket hatte auch ohne fiese Machenschaften von Managern und Konkurrenten kaum eine Chance. Niemand mußte sich gegen Sket verschwören.

Kanzler und Treuhand tragen dennoch Mitverantwortung für das Desaster. Weniger weil sie intrigiert hätten, sondern weil sie die Beschäftigten belogen haben. Sket, der industrielle Kern, war von vornherein ziemlich hohl. Der real existierende Weltmarkt war sein Tod. Hermann-Josef Tenhagen

Bericht Seite 7

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen