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83 Tote im Fußballstadion

■ WM-Qualifikationsspiel in Guatemala wurde zur Tragödie

Guatemala-Stadt (dpa) – Schon Stunden vor dem Spiel waren die 36.000 Plätze des Mateo Flores- Stadions in Guatemala-Stadt bis auf den letzten Platz gefüllt. Gespannt warteten die Fußballfans aus Guatemala und Costa Rica auf den Anpfiff des WM-Qualifikationsspiels zwischen den beiden mittelamerikanischen Staaten. Mehr als 8.000 Fans drängten sich jedoch noch vor dem Stadion, als die Eingangstore geschlossen wurden. Auf der Ehrentribüne hatten die Präsidenten Guatemalas, Alvaro Arzú, und Costa Ricas, José Maria Figueres bereits Platz genommen, als plötzlich auf den Rängen der Haupttribüne Unruhe aufkam. In wenigen Sekunden verwandelte sich das erwartete Fußballfest in eine Tragödie.

Plötzlich war das laute Bersten eines Eingangstores zu hören, dann ergoß sich eine Menschenlawine in das bereits überfüllte Stadion. Hunderte von frustrierten Fußballfans, denen skrupellose Geschäftemacher gefälschte Eintrittskarten angedreht hatten, durchbrachen die viel zu schwachen Sperren der Sicherheitskräfte und strömten durch das aufgebrochene Eingangstor auf die Tribüne. Die Zuschauer, die sich bereits auf den Rängen drängten, wurden überrollt, gegen die Absperrungen gedrückt und regelrecht zerquetscht. In dem wüsten Chaos starben mindestens 83 Menschen.

„Warum haben sie bloß die Fluchttore nicht schneller geöffnet?“ fragte fassungslos ein Überlebender. Verzweifelt versuchten Ordner, Hilfskräfte, Feuerwehrleute und sogar die Nationalspieler auf dem Rasen, den erstickenden, niedergetrampelten Zuschauern erste Hilfe zu leisten. Verletzte schrien um Hilfe, Eltern riefen nach ihren Kindern.

Neben den auf der Tartanbahn aufgereihten Todesopfern unternahmen Ärzte und Feuerwehrmänner Wiederbelebungsversuche oder leisteten den mehr als 100 Verletzten erste Hilfe. Viele der Verletzten starben jedoch noch im Stadion oder auf dem Weg ins Krankenhaus. Das Spiel wurde sofort abgesagt. Guatemalas Präsident Arzú sprach vom „schmerzlichsten Augenblick“ seiner Präsidentschaft. Überlebende lagen sich schluchzend in den Armen. Vor den Leichenhallen und Krankenhäusern der Stadt bildeten sich in der Nacht lange Schlangen bangender Menschen.

Das Telefonnetz von Guatemala-Stadt und die Leitungen nach Costa Rica brachen zusammen, weil Tausende von besorgten Menschen nach dem Schicksal ihrer Angehörigen fragten. In Costa Rica war die Tragödie live im Fernsehen zu sehen gewesen. Staatspräsident Arzú ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.

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