piwik no script img

Das PortraitStill und leise zum Nachfolger Lebeds

■ Iwan Rybkin

Er hält sich am liebsten im Hintergrund, agiert still und leise – aber mit Erfolg: Am Sonnabend ernannte der russische Präsident Boris Jelzin den 50jährigen zum neuen Sekretär des Sicherheitsrates und Beauftragten für Tschetschenien: Iwan Rybkin.

Er hat eine typische Parteikarriere hinter sich. Rybkin, 1946 in einem Dorf im Woronescher Gebiet geboren, beendete 1968 die Landwirtschaftshochschule, stieg 1987 in die Politik ein und wurde in Wolgograd zweiter Sekretär des Gebietsparteikomitees der KPdSU.

Nach dem Ende der Sowjetunion 1991 rief Rybkin die „Sozialistische Arbeiterpartei“ ins Leben. Drei Wochen vor den Duma-Wahlen im Dezember 1993 veröffentlichte die russische Tageszeitung Isvestija eine Liste mit Namen von über hundert Abgeordneten, die nach ihrer Haltung zu Reformen in Rußland eingestuft wurden. Rybkin erzielte mit das schlechteste Ergebnis.

Nach den Wahlen zog Rybkin als Abgeordneter der Agrarpartei in die Duma ein und wurde im Januar 1994 mit den Stimmen der Kommunisten und Nationalisten zum Parlamentspräsidenten gewählt. Die Demokraten sahen die Wahl Rybkins mit gemischten Gefühlen. „Er wird ein Vorsitzender sowjetischen Typs sein“ prophezeite der Chef der liberalen Jabloko-Fraktion, Grigori Jawlinski, und verrechnete sich damit genauso gründlich wie alle anderen. Denn Rybkin entwickelte sich zu einem Mann des Ausgleichs, der mit Erfolg zwischen Exekutive und Legislative vermittelte.

Eine harte Linie vertrat „Genosse Kompromiß“, wie er spöttisch genannt wurde, allerdings im Tschetschenienkonflikt. Rybkin verteidigte den russsichen Einmarsch und bezeichnete Tschetschenien als „einen Sumpf, in dem sich aus allen GUS-Staaten kriminelle Elemente sammeln, die nichts mehr zu verlieren haben.“

Sein Versuch, bei den Duma-Wahlen im Dezember 1995 mit einem eigenen Mitte-links-Bündnis zu reüssieren, scheiterte total: Der „Rybkin-Block“ brachte es auf ganze drei Sitze. Rybkin mußte vom Sessel des Parlamentspräsidenten auf die Abgeordnetenbank wechseln. „Sieger wird nicht, wer schnell und zeitweilig große Erfolge erzielt, sondern wer konsequent voranschreitet und dabei keine nennenswerten Fehler begeht“, sagte Rybkin einmal. Diese Strategie ist – zunächst – aufgegangen. Barbara Oertel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen