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„Wir wollen das nicht“

■ Proteste gegen Nationalpark Wattenmeer

Ein 784 Seiten starker Wälzer treibt die Menschen an Schleswig-Holsteins Nordseeküste auf die Deiche. Der Forschungsbericht „Ökosystemforschung Wattenmeer“ mit Vorschlägen für die Zukunft des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer hat eine Welle der Entrüstung ausgelöst.

Sieben Jahre untersuchten die Forscher den Küstenstreifen, der zur größten zusammenhängenden Wattenlandschaft der Welt gehört. In ihrem Abschlußbericht schlagen sie jetzt vor, den Nationalpark um 76.000 Hektar auf 349.000 Hektar auszuweiten; unter anderem soll ein 150 Meter breiter Streifen vor dem Deich einbezogen, die besonders geschützten Kernzonen erweitert und die Fischerei in bestimmten Bereichen eingeschränkt werden.

„Die wissen doch genau, daß wir das nicht wollen“, schimpft der Bürgermeister der nordfriesischen Insel Pellworm. Er befürchtet eine Gefährdung von Küstenschutz, Tourismus und Fischerei. Die EinwohnerInnen der kleinen Marschinsel mitten im Nationalpark „kündigten“ deshalb die Zusammenarbeit mit dem Nationalparkamt und lehnen das gemeinsam vorgesehene Besucherlenkungsprogramm ab.

Das Nationalparkamt in Tönning (Kreis Nordfriesland) und der schleswig-holsteinische Umweltminister Rainder Steenblock (Bündnis 90/Die Grünen) versuchen zu beschwichtigen: Es handele sich um Vorschläge von Wissenschaftlern, nicht um die Meinung der Landesregierung oder des Amtes. Über alles solle in Ruhe diskutiert werden, vor 1998 würden keine Entscheidungen über eine Novellierung des Nationalparkgesetzes gefällt.

Doch die Angst um eine „Einschränkung ihrer Lebensgrundlagen“ ruft immer mehr Proteste gegen den Nationalpark hervor. Die Nordfriesen erhalten Solidaritätsbekundungen von Seglern, Jägern und der Fremdenverkehrswirtschaft. In Büsum demonstrierten Krabben- und Küstenfischer, Gemeinden auf Amrum entfernten Begrenzungsschilder und schickten sie empört an das Nationalparkamt zurück. lno

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