: Sicherheitspolitisches Godesberg
■ Die PDS stellt erstmals Leitlinien zur Inneren Sicherheit vor. Der Schutz des Eigentums gilt nun ebensoviel wie die Prävention bei der Verbrechensbekämpfung
Die Berliner PDS hat ein neues Politikfeld entdeckt: die Innere Sicherheit. Gestern stellten die beiden PDS-Mitglieder im Innenausschuß, Marion Seelig und Freke Over, ein Papier vor, das den sinnigen Titel „Mehr Sicherheit mit Links“ trägt. Vorgeschlagen werden darin unter anderem Maßnahmen zur Kriminalitätsprävention und zur Entkriminalisierung von Drogengebrauch und Bagatelldelikten. Gleichzeitig soll aber auch durch verstärkte Streifengänge der Polizei das „subjektive Sicherheitsgefühl“ verbessert werden.
Das Papier ist das Ergebnis einer Klausurtagung des Arbeitskreises Innenpolitik der PDS- Fraktion und der Landesarbeitsgemeinschaft Innenpolitik beim PDS-Landesverband. Zwar wisse man auch in der PDS, sagte Marion Seelig zur Begründung für die Hinwendung zu dieser Thematik, daß das Thema Innere Sicherheit von rechten Politikern besetzt sei. Gleichwohl liege das Thema bei den Berlinern nach der Arbeitsmarktfrage als Problem ganz vorn. Es sei deshalb nötig, „auch darauf Antworten zu finden“.
Das Ergebnis freilich liest sich wie ein Spagat zwischen linkem Anspruch und dem Versuch, eine beunruhigte Wählerklientel zu besänftigen: So sind künftig nicht nur die Sicherheit der Bürger und der Schutz der körperlichen Unversehrtheit, sondern auch „der Schutz des Eigentums hohe Rechtsgüter“, die der Staat zu gewährleisten habe. Gleichzeitig wird aber auch betont, daß der Schutz der Grundrechte der Bevölkerung „gegen die Allmachtsansprüche des staatlichen Gewaltmonopols“ ein zentrales Anliegen der PDS sei.
Außer dem Vorschlag, in den Bezirken nichtstaatliche „Präventivräte“ zur Vorbeugung gegen Kriminalität zu bilden, bietet das sicherheitspolitische Godesberg der PDS freilich kaum Neues. So sollen Graffiti-Sprühereien und der Drogenmißbrauch entkriminalisiert werden und Bagatelldelikte künftig keine Straftaten mehr sein. Die Polizei solle als bürgernahe Behörde umstrukturiert werden und ihre Tätigkeit auf die Abwehr von Gefahren reduziert werden. Bei besetzten Häusern und Wagenburgen soll ein Räumungsmoratorium Raum für Verhandlungen schaffen, und die Wirtschaftskriminalität soll – unter anderem durch die Wiedereinführung des Studiengangs „Kriminalistik“ – stärker bekämpft werden.
Das PDS-Papier richtet sich laut Seelig aber auch gegen den „Paradigmenwechsel“ in der Berliner Innenpolitik, durch eine „forcierte Sicherheitshysterie“ Berlins Anspruch als weltoffene Metropole und auf kulturelle, soziale und politische Vielfalt zu zerstören. Uwe Rada
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