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Das Happy End wurde zweimal verschoben

■ Elfmetermäßig werfen die Cottbuser Amateure den MSV aus dem Pokal

Cottbus (taz) – Am Ende war gestern nachmittag alles doch anders: Der Duisburger Marc Kienle bekam den Elfer nicht an Keeper Kay Wehner vorbei, Regionalligist Energie Cottbus gewann 5:4 im Elfmeterschießen gegen den Bundesligisten MSV Duisburg und steht im Viertelfinale des DFB-Pokals. Daß es überhaupt zu einer Verlängerung kam, war überraschend: Cottbus war 90 Minuten klar besser disponiert, hatte das überzeugendere Konzept und eine überlegene Physis. Dagegen standen zwei Abwehrfehler, die zu MSV-Toren führten. So stand es nach 120 Minuten 2:2.

Es war für die Lausitz ein sehr prestigeträchtiges Spiel. Energie hatte seit den frühen 70ern und dem Ende der Republik zwischen Oberliga und der darunter rangierenden DDR-Liga gependelt und war 1991 als Oberliga-13. ins Amateurlager abgerutscht. Seither versucht man, wie Präsident Dieter Krein sagt, Cottbus wieder zum „heißen Fußballpflaster“ zu machen.“ Eduard Geyer (52) hilft dabei seit etwas über zwei Jahren.

Der letzte Trainer der DDR- Auswahl („IM Jahn“) ist bei der Stellenvergabe im vereinten Profifußball übrig geblieben, und das plagt ihn. Diejenigen, die die großen Jobs haben, nennt er „Scharlatane“. Die Wut des Verschmähten ist es offenbar, die den FC Energie prägt. „Energie, nicht Schwachstrom“, hatte Geyer (Motto: „Das Kollektiv braucht straffe Regeln“) gegen den MSV Duisburg verlangt. Eigentlich nicht mehr als das, was er immer sehen will.

Der Trainer, sein schwarzes Büchlein in der Hand, arbeitete es am Spielfeldrand vor. Nach einer halben Stunde war im „Stadion der Freundschaft“ Stimmung: Der Regionalliga-Erste schien nah daran, dem Bundesligisten, wie geplant, den Schneid abzukaufen. Marin und Salou waren versorgt von den Manndeckern Benken und Melzig, im Mittelfeld wurde Dominanz mit präzisen Tacklings, teilweise schlicht auch mit Preß-Schlägen geschaffen, die über die Tribüne rauschten.

Daneben noch eine entscheidende Situation zu kreieren, ist die Aufgabe von Detlef Irrgang, dem besten Toremacher der Regionaliga Nordost. Mehr als zwei Gegenspieler stehen zu lassen, schaffte er allerdings selten. Dennoch hätte er nach einer knappen Stunde nach einem Fehler von MSV-Keeper Gill das Tor machen können. Doch da setzte er sich noch nicht durch. Das tat er nach 65 Minuten gegen Nijhuis. Es bedurfte allerdings der Mithilfe von Gill, Stürmer Toralf Konetzke das 1:0 zu ermöglichen. Duisburg besaß danach keinen Spieler, der irgendetwas in die Wege hätte leiten können.

Die Bundesliga-Mannschaft spielte, mit Verlaub, bescheiden, und hatte seltsamerweise auch der Cottbuser Physis nichts entgegenzusetzen. Das 1:0 wurde bejubelt, aber nicht als Sensation rezipiert. Die offiziell 8.000, die sich am frühen Nachmittag eingefunden hatten, bangten nicht ängstlich um den Sieg, sie wollten den nahen Triumph forsch herbeischreien. Konetzke hatte drei Chancen, bei der letzten schoß er den Ball zwei Minuten vor Schluß an die Latte. Im Gegenzug kriegte Wohlert die Kugel zum 1:1 nicht ganz rein, doch dafür Nijhuis.

Und noch einmal setzte Cottbus den Willen ein: Melzig erwischte Zöphels Ecke — und Schiedsrichter Kemmling sah Wolters' Rettungsversuch hinter der Linie (96.). Zwei Minuten später allerdings drückte der eingewechselte Miroslav Bicanic wieder zum Ausgleich ein. Ein zweites Mal hatte Energie gegen die erwartete Luftstärke des MSV nichts entgegenzusetzen. Dann vergab Kienle den Elfer — und alles war gut.

Cottbus, dem unlängst Der Spiegel Optimismus und Zufriedenheit attestiert hatte, will auch im Fußball als zumindest zweitklassig betrachtet werden. Die gestrige Einnahme und das Geld aus dem Viertelfinale sollen es möglich machen. Peter Unfried

MSV Duisburg: Gill — Nijhuis — Hopp, Hirsch, Wohlert — Westerbeck, Zeyer, Emmerling, Wolters — Salou, Marin

Tore: 1:0 Konetzke (65.), 1:1 Nijhuis (89.), 2:1 Melzig (96.), 2:2 Bicanic (98.)

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