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Possenstück bei Bayerns Grünen

Pünktlich zum zehnjährigen Bestehen ihrer Landtagsfraktion fetzen sich die bayerischen Grünen wieder einmal. Den Kritikern Kamm und Magerl wird jetzt sogar mit Ausschluß gedroht  ■ Aus München Felix Berth

Die Bündnisgrünen im bayerischen Landtag führen zur Zeit wieder mal ihr Lieblingsdrama auf: „Zoff in den eigenen Reihen“, eine unendliche Geschichte von Ärger, Aggression und gegenseitigen Vorwürfen. Nach einer mehrmonatigen Spielpause steuert das Stück jetzt auf einen Höhepunkt zu: Der Pressesprecher, der wegen seiner zehnjährigen Landtagserfahrung als graue Eminenz der Fraktion gilt, drohte zwei mißliebigen Akteuren bereits mit dem Ausschluß aus der Fraktion.

Worum es in dem Stück geht, kann eigentlich keiner mehr genau sagen. Sicher ist nur, daß der Konflikt fast nichts mit politischen Strömungen innerhalb der Partei und fast ausschließlich mit persönlichem Zwist zu tun hat. Die Hauptrollen sind seit langer Zeit jedenfalls gleich besetzt: Auf der einen Seite Fraktionschef Manfred Fleischer und Pressesprecher Hanns-Dieter Reichelm, die die Mehrheit der 14 Landtagsabgeordneten hinter sich wissen, auf der anderen Seite die beiden Dissidenten Raimund Kamm und Christian Magerl, die mit ihrer Kritik an der Fraktionsarbeit immer wieder für öffentlichen Ärger sorgen.

Zwar sah es seit dem letzten großen Zoff im Mai so aus, als sei der Konflikt eingedämmt. Doch pünktlich zum Jubiläum „10 Jahre Grüne im bayerischen Landtag“ vor wenigen Tagen brach der alte Streit jetzt wieder aus: Kamm und Magerl äußerten sich erneut über die ineffiziente Arbeit der Fraktion und beklagten, daß sich die Grünen bequem im „Oppositionsbiotop“ eingerichtet hätten.

Die Mehrheit der 14 Abgeordneten schlug am Mittwoch mit einer formellen „Mißbilligung“ dieser Kritik zurück und wollte derart „fraktionsschädigendes Verhalten nicht hinnehmen“. Andernfalls, so warnt der Pressesprecher Hanns- Dieter Reichelm, „wäre der Ausschluß aus der Fraktion die letzte Konsequenz“.

Raimund Kamm wird dieser Konsequenz möglicherweise sogar zuvorkommen; er hat bereits angekündigt, auf jeden Fall sein Mandat 1997 vorzeitig niederzulegen. Sein Co-Dissident Christian Magerl will zwar bis zur nächsten Landtagswahl 1998 dabeibleiben, möchte aber auch „generell überlegen“, wie er danach weitermacht.

In der Fraktion rechnet jedenfalls keiner damit, daß die Konflikte bis zum Landesparteitag in vier Wochen beizulegen sind. Eher wird erwartet, daß der Zoff nochmals detailliert zelebriert wird. Zusätzlich kompliziert wird die Situation dadurch, daß beim Parteitag die Nachfolge der Landeschefs Kurt Haymann und Barbara Hoffmann geregelt werden muß. Und das Personalkarussell wird derzeit von allen am Streit Beteiligten eifrig angeschoben.

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