: Geschäfte mit „der Familie“
■ Kohl besucht Indonesiens Vetternwirtschaft
„Hier kommen die Geschäfte anders zustande als in Europa“, behauptet ein deutscher Wirtschaftsvertreter in Jakarta. In Asien müsse man sich einflußreiche Partner suchen, die einen guten Draht zur Regierung haben. Dann erhalte man auch die notwendigen Lizenzen. Sonst laufe oft nichts.
In Indonesien will Bundeskanzler Kohl versuchen, sein gutes Verhältnis zu Präsident Suharto für die deutschen Kaufleute zu nutzen, die in seinem Troß mitfahren. Da trifft er genau den Richtigen: Der indonesische Staatschef hat die Kunst der lukrativen Zusammenarbeit zwischen Regierung und Wirtschaft in seinem Land perfektioniert. In den 31 Jahren seiner Herrschaft sorgte er dafür, daß seine Familie an allen wichtigen Unternehmen und Industrien des Landes beteiligt ist.
Er selbst, seine sechs Kinder und sogar schon die Enkelgeneration scheffeln Milliarden Dollar und herrschen über riesige Unternehmensgruppen mit Hunderten von Firmenbeteiligungen. So unverhüllt ist die Habgier „der Familie“, wie der Suharto-Clan in Indonesien nur heißt, in den letzten Jahren geworden, daß heute selbst jahrzehntelang regierungstreue Indonesier zornig werden. „Sie stehlen und stehlen“, sagte ein ehemaliger Regierungsberater. Die immer lauter tönende Kritik an der Bereicherung der Suharto-Kinder kommt nicht nur aus der wachsenden Mittelschicht in Indonesien, sondern auch aus in- und ausländischen Wirtschaftskreisen.
Suharto jedoch stellt sich taub. Das kann er sich auch leisten: Denn bislang gibt es niemanden, der ihn zwingen könnte, Rechenschaft abzulegen. Mit Hilfe des Militärs und straff kontrollierter Staatsangestellter hat er sich ein System geschaffen, das die Wiederwahl seiner Regierungspartei Golkar im kommenden Jahr mit sicherer Mehrheit garantiert. Und 1998, wenn er sich – nach verbreiteter Ansicht in Jakarta – zum siebten Mal zum Präsidenten küren lassen wird, dann wird es keinen Gegenkandidaten geben. Niemand kann sich ohne Suhartos Erlaubnis aufstellen lassen.
Suharto hört auf niemanden mehr als auf seine Kinder, sagen viele Indonesier. Und um deren Geschäftsinteressen zu schützen, werde er die Macht nicht abgeben. Nicht freiwillig. Jutta Lietsch
Bericht Seite 9
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