piwik no script img

„Das ist alles verdammt lange her“

■ Ex-Vulkan Aufsichtsrats-Chef Scheider hat Gedächtnislücken

Eins stellte Wilhelm Scheider, ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender des Bremer Vulkan, gestern gleich zu Beginn seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuß klar: „Ich habe überhaupt keine Unterlagen mehr. Alles was ich sagen kann, ist rein aus dem Gedächtnis und das wird mit zunehmendem Alter auch nicht gerade besser.“ Schon die Beantwortung der Frage, wie Friedrich Hennemann 1987 an den Job des Vorstandsvorsitzenden gekommen war, bereitete Scheider offenbar Schwierigkeiten. „Soweit ich mich erinnere, ist mir diese Lösung damals präsentiert worden“, antwortete der heute 68jährige. Der damalige Vorstandsvorsitzende Wolf-Elmar Warning habe vorgeschlagen, den Senatsdirektor Hennemann in den Finanzvorstand des Vulkans zu berufen. Auch das Land hätte diesen Vorschlag begrüßt, so daß auch Scheider „keinen Grund“ gesehen hätte, dagegen „zu opponieren“.

Daran, daß er – laut Aktenvermerk – den damaligen Finanzsenator Claus Grobecker (SPD) angerufen hatte, um mit ihm die Besetzung des Vorstands-Postens „abzustimmen“, konnte sich Scheider nicht erinnern. „Ich habe das höchstens mitgeteilt und nicht abgestimmt“, erwiderte Scheider, als er mit dem Aktenvermerk konfrontiert wurde.

Hennemann sei nicht aus politischen Gründen Vulkan-Chef geworden, betonte Scheider. Er sei vielmehr für diese Führungsposition prädestiniert gewesen. „Hennemann war ein ausgezeichneter Kenner der Verwaltungsstruktur, der es immer wieder geschafft hat, Hilfe von außen zu holen“. „Aus Sicht des Unternehmens war jede Mark, egal woher sie kam, begrüßenswert.“

Von dem Vertrag Hennemanns mit der Stadt Bremen, der den Vulkan-Chef ermächtigte, bremische Belange wahrzunehmen, habe er nichts gewußt. Lediglich an der Pensionsregelung habe er mitgewirkt, räumte Scheider ein. Der Vulkan habe die Beiträge für Hennemanns Altersversorung als Beamter weiterbezahlt. Etwa zwei Jahre später sei diese Regelung auf den Wunsch Hennemanns geändert worden. Hennemann habe fortan die Beiträge für seine Altersversorung als Beamter selbst bezahlt. Über den Konzern sei er zudem wie die anderen Vorständler versichert worden.

Daß sich Hennemann und Scheider gegenseitig auf ihre Posten gehievt hätten, bestritt Scheider. Laut Aufsichtsratsprotokoll soll Hennemann sich seinerzeit für die Berufung Scheiders zum Aufsichtsratsvorsitzenden stark gemacht haben. „Davon weiß ich nichts“, erwiderte Scheider knapp. „Herr Lenz hat mich damals gefragt.“ Sein Verhältnis zu Hennemann sei eher „kritisch“ gewesen. Während er die „reine betriebswirtschaftliche Sicht des Unternehmens“ im Auge gehabt hätte, sei „Hennemann auch Politiker“ gewesen. kes

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen