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Prothesenporno

■ David Cronenbergs „Crash“ in Kino

Sich auf einen neuen David-Cronenberg-Film zu freuen heißt auch, sich auf einen Bruch mit der eigenen Wahrnehmung vorzubereiten. Was dabei so oft verunsichert, ist der Umgang mit Körpern und Realitäten bei Cronenberg. Immer wieder geht es um die Bewegung, darum in andere, erschreckende Realitäten vorzudringen, die derjenigen, die man als die eigene zu kennen glaubt, meist gespenstisch nah oder ähnlich ist. Dazu gehört auch die scheinbar vertrauteste aller Welten – der eigene Körper. Die Welt, die sich in Crash entwickelt, ist durch Sex, Autos, Unfälle und Prothesen geprägt. Gleichzeitig rückt damit einmal mehr der menschliche Körper, das Bindeglied zwischen den vier Begriffen, ins Zentrum.

James Ballard (James Spader), der das triste Leben mit seiner Frau Catherine (Deborah Unger) durch sexuelle Abenteuer aufzufrischen versucht, verfällt nach einem Autounfall einer manischen Kombination von Sex, Narben und Autos. Darin trifft er sich mit seinem Unfall-Gegenüber Helen (Holly Hunter). Vom Crash gezeichnet, verbindet beide die Suche nach der Steigerung des Auto-Unfall-Körper-Kicks, was sie schließlich in eine sektenartige Gemeinschaft Gleichgesinnter führt.

Die auffällige Dunkelheit von Crash unterstützt die Fixierung auf den sexuellen Kick, wobei die Frage nach Homo- oder Heterosexualität vollends egal wird. Entscheidend sind Umfeld, Narben und Behinderung. Das erklärte Ziel von Colin (Peter McNeill), des durchgedrehten Wortführers jener Crash-Gemeinschaft, illustriert diesen Wunsch nach der bestimmten Körperlichkeit: „die Umformung des menschlichen Körpers durch moderne Technologie“.

Die bedrohlich nahegehende Fremdheit von Crash hat damit auch eine Menge mit dem Verhältnis Mensch/Medium zu tun. Begreift man wie Marshall MacLuhan jedes Medium als Fortsetzung des Körpers, so rücken hier gerade Auto und Kino noch näher zusammen und an den Menschen heran.

Jan Distelmeyer

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