Auf Bärchenfang zwischen Kürbisfratzen

■ So viel Messe war nie: Zum European Art Forum hat eine Initiative von Galerien aus Berlin-Mitte Erlebniskunstshopping in der Sophienstraße organisiert

Die Rustikalkneipen an der Sophienstraße sehen stets aufgeräumt aus. Typische Touristenschwemmen für eine entspannte Berliner Erlebnisgastronomie. An diesem Wochenende klingt es zwischen all dem Schwäbisch, Hessisch, Sächsisch nach Amerika. KuratorInnen vom New Yorker Museum of Modern Art schwirren nachtblind durch die funzelig beleuchtete Straße, Art Consulter tasten sich von Schaufenster zu Schaufenster vor.

Berlin-Mitte hat eine Kunstattraktion mehr bekommen: eine Art Osttreffen von 16 internationalen Galerien – u.a. Pat Hearn (New York), Bank (London) und Ars Futura (Zürich) – als Alternative zum Bilderhandel-Professionalismus am Messedamm. Dafür wurden Räume angemietet, die an alte VEB-Ausbildungsräume erinnern. Angefangen hatte alles mit Querelen zwischen den Organisatoren des European Art Forum und solch Mitte-bewegten Galeristen wie Judy Lybke (Eigen + Art) oder Friedrich Loock von der Galerie Wohnmaschine. Die beiden erfolgreich den Ostaufbruch verkörpernden Kunsthändler wollten sich nicht mit vor den Karren der als Konkurrenz zur Art Cologne geplanten Veranstaltung spannen lassen und sagten die offizielle Messe flott ab. Dahinter stand wohl auch die Spekulation, daß mit ein paar Shuttle-Bussen das Publikum vom Westen über den Hamburger Bahnhof sicher in die Gegend rund um die Auguststraße zu bewegen wäre.

Doch die beiden Galerien machen nur einen Bruchteil der Kunstorte aus, die sich in den letzten Jahren hier angesiedelt haben. So ist neben Lybke und Loock auch der in Berlin lebende Brite Rupert Goldsworthy vertreten, dessen Galerie für den Messe- Event in Mitte verantwortlich ist und nun bärchenartige Schwulenpärchen auf Fotoporträts und einen Pferdestall von Thomas Fuhs zeigt.

Von Arndt & Partner gibt es eine hübsche Installation aus bekrittelten Schreibunterlagen von Thomas Hirschhorn, die angenehm sperrig und doch einfach „Flipper“ betitelt ist. Die allgirls haben für ihre Koje zu Halloween Kürbisfratzen gebastelt, und von Gebauer & Thumm ist eine Videoprojektion des Franzosen Michel François zu sehen, für die man sich allerdings im Dunkeln an nassem Ton vorbeischlängeln muß.

Das alles klingt nach Off, wirkt aber in Natura so ordentlich und akzeptabel wie die Konkurrenz auf der großen Messe. Das mag auch an einigen Doppelungen liegen: Die Galerie Zwinger etwa steht am Funkturm und hat doch in Mitte eine zart pinkfarbene Wand gestaltet, Walcheturm aus der Schweiz haben hier zerrupfte Bilder in der Koje und sind in der Messehalle 17 in direkter Nachbarschaft untergebracht zu „Wegbereitern der Moderne“, mit denen die Galerie Thomas dort wirbt.

Ein Kollege grantelte nach einer halben Stunde zwischen Trash-, Pop- und Konzept-Objekten, daß sich in der Kunst wohl keine Bewegung mehr ausmachen läßt, die nicht auch im Mainstream funktionieren würde. Zu Recht. Harald Fricke

Bis 5.11., 14–22 Uhr, Sophienstraße 13