: Sachse auf Quotenjagd
■ "Stubbe und der Pferdestecher" (erste der neuen Folgen, Sa., 20.15 Uhr, ZDF)
Das ZDF will auf Nummer Sicher gehen. „Im Wettbewerb muß darauf geachtet werden“, erklärte Intendant Dieter Stolte erst jüngst wieder, „daß wir immer mit auf dem Siegertreppchen stehen.“ Man würde es dem ewigen Zweiten ja gönnen, käme dabei nicht unter die Räder, was den Quotenk(r)ampf ja doch angeblich so unversehrt überstehen soll: Innovation und Originalität.
Auf die heiß umkämpfte Quotenarena Samstagabend-Unterhaltung wird da ab heute zum Beispiel wieder „Von Fall zu Fall“ der ZDF-Sachse vom Dienst, Wolfgang Stumph alias Wilfried Stubbe, geschickt – und verschlissen. Der 50jährige Dresdner, Schauspieler und Kabarettist mit Bodenhaftung (auch Maschinenbau hat er mal gelernt), ist eine 1a- Besetzung. Im Osten kennt man ihn aus der DFF-Sketchparade „Showkolade“, aber auch aus dem Kabarett „Herkuleskeule“. Die Gesamtrepublik amüsierte sich über seinen weltreisenden Sachsen in „Go Trabi Go“ und „Das war der wilde Osten“. Den Mainzer Sender bugsierte Stumph schon wiederholte Male auf das von Stolte so begehrte Siegertreppchen: Seine Comedy-Serie „Salto Postale“ erzielte mit bis zu neun Millionen Zuschauern Traumquoten. Dafür kriegte er den „Telestar“. Und auch seine Stubbe- Filme könnten, seit sie Ende vergangenen Jahres erstmals auf dem ZDF-Bildschirm auftauchten, mit ihren sechs Millionen Fans einer Margarethe S. Tränen des Neids ins Auge treiben. Das soll jetzt auf Deibel komm raus wieder so werden. Schade drum.
Stumphs Grundidee ist nämlich gar nicht so ohne. Das fröhliche Familien-Tauziehen bei den Ex- Ossis Stubbe und ihrer West-Tante Charlotte in der gediegenen Hamburger Villa wird mit einer Geschichte verquickt, an der sich Vater Stubbe abarbeiten muß, weil er nun mal Kriminalkommissar ist. Durch dieses Spannungsfeld manövriert sich der sächselnde Sympathie-Träger („Diesn gleenen Agzend griech ich nich mär wech, drotz Schprecherziehung“) mit gesundem Menschenverstand, Herz und Selbstironie.
Aber das wird nun überschüttet mit allem, was sich im Arsenal Quoten verheißender Zutaten abgreifen läßt. Stubbes „Fälle“: Trittbrettfahrergeschichten aus der Blöd-Zeitung. Diesmal ist es die vom ominösen Pferde-Attentäter, gespickt mit Bewährtem: wortkargem Landvolk, heimlicher Bauernwehr und Hatz auf den (von Dominique Horwitz sehr gut gemimten) „Dorftrottel“, dubiosen Landtierarzt-Praktiken, dummen Polizisten, Versicherungsschwindel. Überreichlich „Heimat“ samt musikalischer Untermalung, zusätzlich wird das anrührende Sujet „junge Mädchen und Pferde“ ausgiebig ins Bild gesetzt.
Der Produzent erklärt (siehe oben): „Wir erwarten ein gutes Zuschauerergebnis.“ Stumph, erstmals mit der fertigen Sendefassung konfrontiert, sagt zweierlei. Erstens, siehe ebenfalls oben: „Wenn Gefühl gefragt ist, weil's überall sonst nur amerikanische Action gibt, dann ist es doch nicht schlecht, die Menschen zu bedienen.“ Zweitens sagt er, der den „Salto-Postale“-Schalter allen ZDF-Klagens zum Trotz geschlossen hat, aber auch: „Wir können's nu nich schlechter und nich besser reden“, und – obgleich die abgesandten Offiziellen Sorge um die Publicity erkennen lassen – konkreter: „,Gegenbürsten‘ gefiele mir besser“. Vielleicht ist das der Grund, warum viele, so Stumph, wenn sie „Stubbe geguckt haben, zu uns ins Kabarett kommen“. Man achte mal darauf: Der „Antrak auf Stumph-Sinn“, so der Name des ambulanten Satire- Trios, wird praktisch permanent irgendwo im Land gestellt. Ulla Küspert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen