: taz-Compact – ein Suchbericht Von Mathias Bröckers
Als Ende 1994 die erste taz-Compact auf CD-ROM erschienen war und bei der Testsuche nach einem Artikel über Goethes Ufo-Sichtung prompt abstürzte, erklärte ich die vergilbten und verstaubten Papierberge neben meinem Schreibtisch als nach wie vor unverzichtbar – der dringende Vorsatz, diese alsbald systematisch zu archivieren, blieb aber mal wieder unerledigt.
Jetzt können die Berge größtenteils in die Papiertonne versetzt werden – die neue taz-CD-ROM ist da, und nicht nur Goethes „wundersam erleuchtete Amphitheater“ fliegen wieder (auf 165 Zeilen der Seite 17 vom 3.5.1991), sondern auch alle anderen gestarteten Testballons funktionierten einwandfrei. Zehn komplette taz- Jahrgänge September 1986 bis 1996, insgesamt über 400.000 Artikel, sind sekundenschnell abrufbar. Schon die Statistik ist aufschlußreich, zeigt sie doch erstmals, woraus mein Papiergebirge besteht: Es müßten (wäre die Sammlung wirklich komplett) genau 537 taz-Artikel sein. Da die CD auch das Suchen nach Stichworten erlaubt, kann ich der geneigten Kundschaft nun erstmals auch einen Einblick in das Menü verschaffen, das ihr hier in den letzten zehn Jahren serviert wurde. Zum Beispiel gab es 74mal Kohl, davon 6mal mit „Birne“, 13mal Einstein, 12mal Goethe und 18mal Tim Leary. 45mal ging es um Computer, 43mal um Kinder, 31mal um Kommunikation, 19mal um Quantenphysik. 34mal findet Gott Erwähnung, 48mal der Tod und 70mal Zukunft.
Noch viel aufschlußreicher als für eine Kolumne ist eine solche Stichwortsuche natürlich für die Gesamttaz: 9.992mal Kohl in den letzten zehn Jahren, 103mal „Otto Normalverbraucher“, 1.222mal Boris Becker, 748mal Steffi Graf, 1.499mal Rita Süssmuth, 3.464mal Hitler und 4.265mal Nazis. Um „Sex“ geht es an 3.597 Stellen, „Kultur“ ist 16.855mal vertreten, „Geld“ 28.876mal, „Arbeit“ 34.463mal – „Freizeit“ (3.235), „Urlaub“ (3.556) und „Genuß“ (2.145) kommen da vergleichsweise kurz. Dafür war 13.564mal jemand „betroffen“ oder äußerte „Betroffenheit“, bei 3.120 Ausgaben also im Durchschnitt etwa viermal pro Ausgabe.
Noch viel besser als die Betroffenen haben es in der taz die politischen Parteien: fast 70.000mal werden Grüne, 46.000mal die SPD und 39.000mal die CDU erwähnt. „Ausländer-* – das Sternchen schließt alle möglichen Endungen und Anhängsel in die Suche ein – waren in den letzten zehn Jahren 18.093mal Thema, 22.653mal kam die Vorsilbe „Öko“ zum Einsatz.
Gezielte Recherchen sind durch Ergänzen von Suchbegriffen durch „und“ oder „oder“ möglich. Nach der Eingabe von „Drogen und Dealer und Heroin und Crack und Mafia“ werden alle Artikel aufgelistet, in denen diese Begriffe zusammen vorkommen. Simpler geht's nicht – und auch auf meinem alten 486er so blitzschnell, daß sogar einzelne böse Wörter herausgesucht werden können: In zehn Jahren 1.312mal „Scheiße“, 388mal „Arschloch“, 207mal „Ficken“ und 119mal „Titten“ – ziemlich sauber also oder, wie man neuerdings (nur 16mal von 1986 bis 1989, aber 308mal von 1990 bis 1996) sagt: „politisch korrekt“. Es mag Wichtigeres geben, als kleine Scheißhaufen herauszusuchen, aber wenn selbst das funktioniert, steht allem anderen nichts im Wege...
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen