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Interpunktion im Steinbild

■ Der Architektur-Preis 1996 des BDA: Die Dokumentations-Ausstellung im Fleethof präsentiert siebzig ausgezeichnete Hamburger Bauten aus den vergangenen fünf Jahren

Der Streit darüber, ob es für Hamburg angemessener sei, eine gediegene Kleiderordnung in der Architektur einzuhalten, oder ob es nicht vielleicht doch ein Resultat von lokaler Schlafmützigkeit ist, daß in Hamburg so wenige Gebäude wirklichen ästhetischen Genuß vermitteln, tobt hier seit Jahren. Auf der einen Seite finden sich die meisten Architekten, auf der anderen Seite die meisten Architekturkritiker. Jene insistieren auf einem regionalen Realismus aus Steinverkleidung, moderater Höhe und Verneinung von Experimenten, während die schreibende Zunft immer wieder die künstlerische Durchschnittlichkeit bemängelt und je nach Geschmack auf einen Teil der sogenannten Weltarchitekten verweist, denen man gerade großartige Leistungen und zeitgenössisches Bauen bescheinigt.

Durchgesetzt hat sich in den letzten Jahren, betrachtet man das Steinbild Hamburgs, überwiegend die Architektenposition unter dem obersten Bauschäfer Egbert Kos-sak. Doch so langsam kommt Bewegung ins Spiel und in den letzten fünf Jahren ließen sich in Hamburg doch einige Gebäude und Architekturbüros finden, die Hoffnung darauf machen, daß die ermüdende Wiederholung bestimmter Topoi etwas Interpunktion durch eigenwillige Architektur erhält. Gerade jüngere Hamburger Bürogemeinschaften bemühen sich verstärkt um einen ästhetischen Dialog mit der Baugeschichte außerhalb der lokalen Grenzen und gewinnen damit auch zunehmend Reputation außerhalb des Stadtstaates.

Zeit also für den Bund Deutscher Architekten, eine unabhängige Jury zu beauftragen, die Szene für einen erstmalig verliehenen Architektur-Preis zu sichten. Daß diese Jury dann knapp 70 Preise und Erwähnungen vergab, mag ebenso überraschen wie die getroffene Auswahl. Dadurch ergibt sich aber für das Publikum die Möglichkeit, einen feinen Überblick über das jüngste architektonische Wirken in Hamburg zu bekommen, denn die Nennung berechtigt zur Teilnahme an einer Dokumentationsausstellung.

Dort kann jetzt jeder seine persönlichen Favoriten finden und sich über den Stand in oben erwähnter Diskussion eine eigene Meinung bilden. tlb Ab kommenden Do, 14. November, Fleethof, Stadthausbrücke 1-3, bis 29. November (nicht am 20.)

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