Auf Du und Du mit dem Untersuchungsausschuß: Friedrichs Märchen
■ Reaktionen zum Auftritt des Ex-Vulkan-Chefs Hennemann
Kopfschüttelnd verließen einige Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach der Vernehmung von Friedrich Hennemann die Sitzung. Der Ex-Vulkan-Chef hatte der Großen Koalition die Schuld am Zusammenbruch des Schiffbaukonzerns gegeben. Er selbst sah sich als verkanntes Genie, das zum Rücktritt gezwungen worden war (siehe taz 6.11). „Hier macht der Brandstifter die Feuerwehr für die Verwüstung verantwortlich“, wies Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) die Vorwürfe gestern zurück. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses reagierten ähnlich: „Das war Hennemanns Märchenstunde“, empörte sich Brigitte Dreyer (CDU). „Ich hätte nicht geglaubt, daß ein Mensch, der jahrelang die Geschicke eines solchen Konzerns bestimmt, so unter Realitätsverlust leiden kann.“ „Hennemanns Strategie war deutlich“, sagte auch Helga Trüpel (Grüne). „Er wollte nichts sagen und weiter an seiner Legende stricken. Immer wenn es konkreter wurde, konnte er sich nicht erinnern.“ Dieses Ausweichmanöver blieb auch Hennemanns Parteigenossen Jens Böhrnsen (SPD) nicht verborgen: „Hennemann hat wenig Bereitschaft gezeigt, sich auf die Fragen einzulassen.“ AfB'ler Ludwig Hettling fand dafür deutliche Worte: „Der hat uns doch regelrecht veralbert“, empörte er sich und suchte die Schuld dafür allerdings auch beim Ausschuß: „Der Vorsitzende hätte ihn viel konkreter fragen müssen.“
Einen Vorwurf, den Hermann Kuhn (Grüne) nicht auf sich sitzenlassen will: „Es geht bei der Aufarbeitung der ersten Phase des Vulkan-Verbundes weniger darum, Einzelheiten aufzuklären, sondern vielmehr um das Verständnis der großen Linie.“ Insofern sei auch die Vernehmung Hennemanns von Nutzen: „Es wurde sehr deutlich, daß Hennemann ein Mensch ist, der nur über Erfolge reden kann. Alles andere nimmt er gar nicht wahr. Außerdem hat die Vernehmung einen guten Einblick in das Selbstverständnis der damals Handelnden gewährt.“
Kerstin Schneider
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